Verbraucherschutz sorgt für Spannungen
Verbraucherfreundliche Eingriffe der Politik in den Finanzmarkt haben so ihre Tücken. Dies bekommt die schwarz-rote Koalition derzeit an verschiedenen Stellen zu spüren. Überdeckt von der Debatte im Bundestag in der vergangenen Woche über den Haushalt 2017, mögliche Steuerreformen, öffentliche Investitionen und die Folgen der Flüchtlingspolitik tritt manches in den Hintergrund. Doch unter dieser Wahrnehmungsschwelle braut sich Ungemach im Finanzbereich zusammen.Stichwort: EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie. Seit der Umsetzung in deutsches Recht hakt es im Kreditmarkt bei der Eigenheimfinanzierung – zumindest bei einigen Banken. Ältere Kreditnehmer bekommen keine Finanzierung mehr für den altersgerechten Umbau, weil sie womöglich sterben, bevor der Kredit abbezahlt ist. Junge Familien fallen mangels Finanzkraft durch das Raster der Kreditprüfung, seit laut Gesetz nicht mehr in erster Linie die Immobilie als Sicherheit dient, sondern die Zahlungsfähigkeit der Kreditnehmer entscheidet. Die EU-Richtlinie zieht eine Lehre aus der spanischen Immobilienkrise, wo die Preise verpufften und viele Kredite notleidend wurden, weil die Sicherheit fehlte. Ein Ausweis deutlicher Spannungen in der schwarz-roten Koalition ist nun der öffentliche Aufruf der Arbeitsgruppenvorsitzenden für Verbraucherschutz und Finanzpolitik in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker und Antje Tillmann. Bundesminister Heiko Maas (SPD) soll für Rechtsklarheit sorgen. Zu öffentlichen Erklärungen kommt es immer dann, wenn sich hinter den Kulissen nichts bewegt. Und in der Tat zeigen sich Maas und sein Verbraucherschutzministerium überzeugt, dass es keine belastbaren Erkenntnisse für Probleme gibt. Der Minister wird zudem kaum Interesse an einer Rolle rückwärts bei einem erst vor fünf Monaten in Kraft getretenen Gesetz haben.Stichwort: Bausparverträge. Gegenwind aus dem Parlament trifft die Bausparkassen. Der Petitionsausschuss des Bundestags dringt auf eine verbindliche gesetzliche Regelung, wann ein Bausparvertrag gekündigt werden kann. Die Rechtsprechung sei uneinheitlich, so die zutreffende Begründung. Die Petition zielt allerdings darauf, dass Bausparkassen die bisher genutzte Rechtsgrundlage im Bürgerlichen Gesetzbuch nicht mehr anwenden dürfen, um sich aus hochverzinslichen und teuren Verträgen zu befreien.Stichwort: Dispozinsen. Diesen Punkt rufen die Grünen im Bundestag erneut auf. In einer parlamentarischen Anfrage wollen sie von der Bundesregierung wissen, was sie mit Blick auf die “immer noch sehr hohen” Dispo- und Überziehungszinsen unternimmt. Die schwarz-rote Koalition hatte mehr Transparenz gesetzlich verordnet und die Kreditwirtschaft verpflichtet, ihre Kunden detailliert zu warnen sowie Alternativen anzubieten. Auf den von Verbraucherschützern geforderten Deckel verzichtete sie aber. Die Regelung zu Dispozinsen kam mit der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie. Die macht Schwarz-Rot ja ohnehin Ärger – nun noch in einem weiteren Punkt.