US-HAUSHALTSSTREIT

Verfrühter Jubel

Sechs Wochen Aufschub, bis die USA ihre Schuldenobergrenze erreichen; die Finanzierung der Regierungsgeschäfte wird weiter verwehrt: So sieht der "große Wurf" aus, den die Republikaner am Donnerstag vor ihrem Treffen mit US-Präsident Barack Obama...

Verfrühter Jubel

Sechs Wochen Aufschub, bis die USA ihre Schuldenobergrenze erreichen; die Finanzierung der Regierungsgeschäfte wird weiter verwehrt: So sieht der “große Wurf” aus, den die Republikaner am Donnerstag vor ihrem Treffen mit US-Präsident Barack Obama präsentiert haben. An den Märkten wird das zwar als Durchbruch gefeiert. Die Aktienindizes zogen weltweit kräftig an. Tatsächlich wurde die schlimmste anzunehmende Katastrophe auch aufgeschoben – eine mögliche Zahlungsunfähigkeit der USA. Die vorübergehende Anhebung der Schuldenobergrenze suggeriert auch, dass die Republikaner es beim erneuten Fristablauf nicht zum Äußersten kommen lassen.Doch das war es schon an guten Nachrichten. Einschätzungen vieler Marktteilnehmer, dies sei der Anfang einer schnellen Kompromissfindung, sind jedenfalls arg optimistisch. Das “Entgegenkommen auf halbem Weg”, wie es Repräsentantenhaussprecher John Boehner formuliert, nimmt nämlich in erster Linie den Republikanern den Zeitdruck. Die Schuldenobergrenze wäre Mitte kommender Woche erreicht worden. Die Mehrheit der US-Bürger hat die Grand Old Party (GOP) bereits als die schuldige Konfliktpartei für das Scheitern der Haushaltsverhandlungen und die Schließung zahlreicher öffentlicher Einrichtungen ausgemacht. Hätte die intern zerstrittene Truppe nun auch noch die Zahlungsunfähigkeit der USA ausgelöst, hätte sie sich wohl auf Jahre ins Abseits geschossen.Das Kompromissangebot hilft den Republikanern damit in erster Linie, aus der selbst angesteuerten Sackgasse herauszukommen. Zudem hofft die Partei offenbar, die US-Bevölkerung werde das durchschaubare Manöver als echtes Entgegenkommen respektieren und dem Präsidenten sowie den Demokraten einen größeren Teil der Verantwortung an den festgefahrenen Haushaltsgesprächen zuschieben. Besonders geschickt war dabei, die Pressekonferenz unmittelbar vor den Verhandlungsbeginn zu legen. Sollte Obama keine Zugeständnisse machen, steht er bei einem Teil der Bevölkerung als Sturkopf da.Möglicherweise ist der US-Präsident die politischen Spielchen bald leid und wirft den Republikanern einen Knochen hin, um das Thema zu einem Abschluss zu bringen. Will er sich aber auch für die Zukunft nicht erpressbar machen, könnte der Disput dank der republikanischen Fristverlängerung für die Schuldenobergrenze nun sogar bis Ende November weitergehen. Der Jubel an den Börsen würde sich dann – einmal mehr – als völlig verfrüht erwiesen haben.