WERTBERICHTIGT

Vernunft und Taktik in der Krise

Börsen-Zeitung, 30.7.2020 Die Corona-Kreditlinie über 240 Mrd. Euro des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) war das erste große Pandemie-Hilfsprogramm, das für Euro-Staaten auf europäischer Ebene bereitstand. Zwei Monate nach Aktivierung muss...

Vernunft und Taktik in der Krise

Die Corona-Kreditlinie über 240 Mrd. Euro des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) war das erste große Pandemie-Hilfsprogramm, das für Euro-Staaten auf europäischer Ebene bereitstand. Zwei Monate nach Aktivierung muss man aber konstatieren: So arg dringend scheint diese Soforthilfe ja nicht gewesen zu sein. Bis heute hat niemand auch nur 1 Cent abgerufen, obwohl der ESM darauf verwiesen hat, dass sich die Mittel angesichts der günstigen Finanzierungsbedingungen für mehr als die Hälfte der Euro-Staaten lohnen würden. Einige könnten durch die Kredite in den nächsten zehn Jahren Zinsen von bis zu 6 Mrd. Euro sparen, hatte es geheißen. Doch in Ländern wie Italien und Griechenland scheint das Imageproblem des ESM größer zu sein als die wirtschaftliche Vernunft. Andere scheinen zu taktieren, ob sie mit den ab 2021 bereitstehenden Zuschüssen aus dem Wiederaufbaufonds nicht besser fahren. Ob dies so schlau ist, wird sich zeigen. Eine zweite Pandemiewelle könnte die Situation noch einmal ändern – die ESM-Kredite stehen ja auch noch bis Ende 2022 bereit.ahe