Versprochen ist versprochen

Von Detlef Fechtner, Brüssel Börsen-Zeitung, 27.3.2013 Jeroen Dijsselbloem hat etwas Unbedachtes ausgesprochen - und das war ausgesprochen unbedacht. Die "Financial Times" habe ihn falsch zitiert, das englische Wort "template" (Vorlage) habe er gar...

Versprochen ist versprochen

Von Detlef Fechtner, BrüsselJeroen Dijsselbloem hat etwas Unbedachtes ausgesprochen – und das war ausgesprochen unbedacht. Die “Financial Times” habe ihn falsch zitiert, das englische Wort “template” (Vorlage) habe er gar nicht gekannt – mag der Niederländer, der gerade einmal zwei Monate Eurogruppen-Chef ist, noch so sehr beschwören, dass er missverstanden wurde und Zypern nicht zur Vorlage für andere Euro-Länder erklären wollte. So recht mag ihm das niemand glauben – kein Volkswirt, kein Investor und kein Notenbanker. Das sind nun einmal die ungeschriebenen Gesetze für Meneer Euro, für den Vorsitzenden der Eurogruppe: Was einmal gesagt wurde, kann nicht mehr zurückgenommen werden, selbst wenn man sich versprochen hat: Versprochen ist versprochen.Wahrscheinlich hat Dijsselbloem einfach einen ungünstigen Moment erwischt. Denn nach der Rettung Zyperns, nach dem mittlerweile x-ten “Sonderfall” und nach gebetsmühlenartigen Versicherungen, dass wieder einmal “einmalige” Umstände außergewöhnliche Maßnahmen verlangten, wartete die politische Öffentlichkeit nur auf ein ungeschicktes Wort eines Euro-Rettungsmanagers. Dijsselbloems Worte wurden in diesem Moment als Eingeständnis verstanden, dass kaum mehr etwas tabu ist, wenn bald wieder Banken ins Wanken geraten.Dass der Niederländer ins Zentrum der Kritik gerückt ist, hat zudem sicherlich damit zu tun, dass er vor anderthalb Wochen nicht verhinderte, dass Zyperns Regierung auch die Kleinsparer mit einer Zwangsabgabe zur Kasse bitten sollte – der Kompromiss, der später im zyprischen Parlament abgelehnt wurde. Halb Brüssel rätselt dieser Tage, warum niemand in der Eurogruppe das politische Gespür hatte, dass ein Soli auf Kosten der Kleinsparer in der Öffentlichkeit ganz schlecht ankommen und Sparer nicht bloß in Zypern verunsichern würde. Schließlich machte Dijsselbloem am frühen Montagmorgen keinen ganz souveränen Eindruck, als er die Ergebnisse des letztlich gefundenen Deals erläuterte – und sich bei der Einbeziehung der erstrangigen Anleihegläubiger (Senior Bondholder) der Bank of Cyprus vertat.Nun ist der Unmut da. Einige Delegationen schimpfen über Dijsselbloem, die Medien spotten über die Patzer des Neulings. Interessanterweise entdeckt mancher nachträglich die Qualitäten des ehemaligen Eurogruppen-Chefs, des früher oft gescholtenen Jean-Claude Juncker.Überzeugend ist die pauschale Kritik an Dijsselbloem indes nicht. Denn sie übersieht, dass der Niederländer, glaubt man den Euro-Diplomaten, die Arbeit der Gruppe als Vorsitzender strukturiert und gestrafft hat. Es gibt Lob für seine Vorbereitung der Verhandlungen. Auch ist es etwas einäugig, allein Dijsselbloem vorzuwerfen, er verunsichere Sparer mit hohen Guthaben. Schließlich liegt seit Juni 2012 ein offizieller Vorschlag der EU-Kommission für den Rechtsrahmen der Bankenabwicklung in Europa vor – und darin sind ausdrücklich nur die besicherten Einlagen vom möglichen Bail-in ausgenommen. Andersherum: Die EU-Behörde selbst sieht vor, dass sich Inhaber von Konten mit mehr als 100 000 Euro nicht sicher sein können, ihr Vermögen im Falle einer Existenzkrise ihrer Bank zu behalten. Dijsselbloem musste nun die Erfahrung machen, dass es etwas anderes ist, ob man so etwas in ein Gesetz schreibt – oder darüber öffentlich schwadroniert.—–Dijsselbloems Worte wurden als Eingeständnis verstanden, dass kaum mehr etwas tabu ist, wenn bald wieder Banken ins Wanken geraten.—–