CHINA

Verständlicher Warnschuss

China schwelgt nach einem leichten Anziehen des Wirtschaftswachstums in diesem Jahr in relativ heilen Konjunkturwelten. Gleichzeitig wähnen sich Pekings Wirtschaftslenker im Zuge einer etwas restriktiveren Geldpolitik auf gutem Wege in Sachen...

Verständlicher Warnschuss

China schwelgt nach einem leichten Anziehen des Wirtschaftswachstums in diesem Jahr in relativ heilen Konjunkturwelten. Gleichzeitig wähnen sich Pekings Wirtschaftslenker im Zuge einer etwas restriktiveren Geldpolitik auf gutem Wege in Sachen “Deleveraging”, also einer Drosselung des Verschuldungsgrads in der Wirtschaft. Entsprechend entrüstet zeigt man sich nun, dass die Ratingagentur Moody’s die Dinge etwas weniger entspannt sieht und dem chinesischen Länderrating die erste Bonitätsrückstufung seit fast 30 Jahren verpasst hat.Das Downgrade des chinesischen Ratings um eine Stufe von “Aa 3” auf “A 1” kommt zwar vom Timing her eher überraschend, sorgt an den Märkten aber nicht für große Aufregung. Immerhin stand China bereits seit dem vergangenen Jahr auf der Überprüfungsliste unter negativem Vorzeichen. Da der Ausblick nun wieder auf “stabil” steht und es derzeit auch wenig Turbulenzen an der Währungsfront beziehungsweise Sorgen um eine neuerliche Abwertung des chinesischen Yuan gibt, dürften sich die unmittelbaren Konsequenzen des Ratingschritts als geringfügig erweisen.In Peking zeigt man sich dennoch ziemlich verschnupft, weil die Ratingaktion von Moody’s in der breiteren Öffentlichkeit als eine Art Warnschuss ankommt. Er signalisiert, dass man die von Peking propagierten Stabilitätsszenarien auch anders sehen kann. Während Chinas Wirtschaftslenker davon ausgehen, dass die Verschuldungssituation in den kommenden Jahren nicht schwerwiegender wird, rechnet Moody’s nicht mit einem deutlich gebremsten Anstieg der Verschuldungsquote. Entscheidend ist dabei eine recht unterschiedliche Sichtweise der Wachstumsdynamik im Reich der Mitte.Chinas Planer gehen davon aus, bis Anfang der nächsten Dekade ein hohes Tempo bei rund 6,5 % Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) halten zu können. Moody’s sieht ein mittelfristiges Szenario, das einen Abstieg des BIP-Wachstums auf bis zu 5 % bringen könnte.Selbst wenn man davon ausgeht, dass es China gelingen wird, seine Wachstumsziele zu erreichen, wird es dazu in den kommenden Jahren im Zweifelsfall erhebliche Stimuli und eine großzügige finanzielle Alimentierung des Staatsunternehmenssektors brauchen. Das wiederum heißt, dass Chinas Verschuldungsrelationen – Deleveraging hin oder her – in der Tat weiter nach oben zeigen werden. Aus Sicht einer Ratingagentur ist Chinas Bonitätssituation damit auch bei stabilem Wirtschaftswachstum nicht wirklich heile.