Volksnähe mit Robotertechnik
Dass China wachsenden Gefallen an Robotern findet, weiß man in deutschen Landen mittlerweile bestens. Zu Wochenbeginn zeichnet sich ab, dass der chinesische Haushaltsgerätehersteller Midea mit einer Mehrheit von wahrscheinlich mehr als 80 % beim Augsburger Aushängeschild der deutschen Industrie in Sachen Robotertechnik Herr im Haus ist. Der via Midea besser zu erschließende chinesische Markt soll Kuka dabei helfen, mächtig aufzudrehen, tatsächlich aber hat das Wachstum für den Absatz ausländischer Industrieroboter in China schon seit dem vergangenen Jahr konjunkturbedingt stark nachgelassen.Man darf gespannt sein, wie rasch Kuka dazu animiert werden kann, neben den hochleistungsfähigen, aber gesichtslosen Industrierobotern nun auch freundlich und fügsam dreinblickende Serviceroboter für den häuslichen Alltag zu entwickeln und auf Chinas Verbraucher loszulassen. Hier tut sich nämlich ein “sweet spot” auf. Chinas aufstrebende Mittelschicht kann es gar nicht erwarten, elektronisches Dienstpersonal mit simulierten menschlichen Regungen für möglichst alle Belange des modernen Stadtlebens einzusetzen. *Die Begeisterung für Robotertechnik zeigt sich beim archetypischen technikaffinen chinesischen Messebesucher. Er ist typischerweise männlichen Geschlechts, im Alter zwischen 20 und 40 Jahren und mit ausreichend verfügbarem Einkommen und verfügbarer Zeit. Bislang hatten es ihm vor allem die allgegenwärtigen chinesischen Autoshows mit unzähligen leicht bekleideten Models angetan. Dem Einsatz von Letzteren wurde allerdings mit der Austeritäts- und Korrektheitskampagne der chinesischen Regierung ein Ende bereitet.Nun sind vor allem Elektronik- und Haushaltsgerätemessen mit “Smarthome-Thematik”, die lustige Roboter für alle erdenklichen Verwendungen in den Fokus rücken, der absolute Besuchermagnet. Für ein großes Hallo sorgten jüngst Bilder einer Messe in Wuhan, der Hauptstadt der Provinz Hubei, die als das “chinesische Detroit”, sprich Epizentrum für den heimischen Automobilbau gilt. Bei der Ausstellung ging es aber nicht um Autos, sondern um Finanzdienstleistungstechnik (Fintech).Zur Starfigur wurde ein etwa halber Meter hohes Roboterkerlchen als vermenschlichte Version eines sogenannten “Robo-Advisors”. Das sind eigentlich nur als Sprachcomputer agierende Big-Data-Applikationen, die mittlerweile auch in Deutschland den Anlegern unpersönliche automatisierte Investmentdienste erlauben. Der Blecheimer mit Kulleraugen ist für chinesische Brokerfilialen gedacht, die noch von Millionen von chinesischen Kleinanlegern gleich einem Wettbüro als Begebungsstätte aufgesucht werden, um diese auf ein neues Technikniveau zu heben. *Der eigentliche Clou aber war, dass der kleine Roboter mit dem jedem Chinesen aus Mao-Zeiten geläufigen Umhängebeutel aus grobem braunen Sackleinen, in dem früher ein jeder Bauer und Arbeiter seinen Proviant und Sonstiges für den Weg zu Feldern und Werkhallen verstaute, geschmückt wurde. Auf der Tasche prangen in rotem Aufdruck ein großer kommunistischer Stern und die chinesischen Zeichen für die damals allgegenwärtige Losung der Kommunistischen Partei, Wei Renmin Fuwu. Das heißt nichts anderes als “Dem Volk zu Diensten”. Als Roboteranhängsel ein sehr cleveres und reizvolles Accessoire, um aufzuzeigen, wie sich eine Brücke aus den Anfängen der Volksrepublik in die digitale Neuzeit schlagen lässt, ohne die alten Werte zu verraten.Zum Kummer der voyeuristischer veranlagten Messebesucher war allerdings nichts von Jia Jia zu sehen, dem ersten interaktiven Roboter in weiblicher chinesischer Gestalt, der – beziehungsweise die – mit täuschend echt wirkenden menschlichen Regungen, Klimperaugen und Schmollmund kleine Unterhaltungen führen kann. Der an der Universität Hefei entwickelte und im April erstmals öffentlich vorgestellte “Fembot” ist noch nicht reif für eine Massenproduktion und als Unikat zu wertvoll, um vom Massenpublikum angequatscht oder gar betatscht zu werden.