Fachkräftemangel

Vollzeitbeschäftigte arbeiten etwas weniger

Mit 39,8 Wochenstunden arbeiten Vollzeitbeschäftigte nicht mehr ganz so lange wie noch 2011. Teilzeitbeschäftigte hingegen haben einen Schlag zugelegt. Die Produktivität ist indes gestiegen.

Vollzeitbeschäftigte arbeiten etwas weniger

Vollzeitbeschäftigte arbeiten etwas kürzer

39,8 Wochenstunden im Schnitt − Produktivität steigt aber

ba Frankfurt

Trotz der Konjunkturflaute macht sich der Fachkräftemangel hierzulande immer stärker bemerkbar. Zu den Lösungsvorschlägen zählen verlängerte Arbeitszeiten oder eine höhere Produktivität. Die Ergebnisse des Mikrozensus haben nun gezeigt, dass sich in den vergangenen Jahren die Arbeitszeit insgesamt kaum verändert, die Produktivität aber bereits zugenommen hat. Derweil empfiehlt eine von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie, die aktuell auf viele Stellen verteilten Prozesse zu zentralisieren, damit die Fachkräfteeinwanderung künftig besser funktioniert. Laut dpa-afx würden dabei die Ausländerbehörden weitgehend außen vor bleiben, während die Zuständigkeit bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) und dem Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten liegt. Laut der Studie könnten bis zu 40% der aktuellen Bearbeitungszeiten eingespart werden.

Gut eine Stunde weniger

In den vergangenen Jahren haben die Vollzeitbeschäftigten weniger gearbeitet. Laut des Statistischen Bundesamts (Destatis) wurden 2023 im Schnitt 39,8 Arbeitsstunden pro Woche geleistet − 2011 waren es noch durchschnittlich 40,7 Arbeitsstunden. Die Teilzeitbeschäftigten hingegen haben ihre Arbeitszeit ausgeweitet: Für 2023 geben die Wiesbadener Statistiker durchschnittlich 21,2 Wochenstunden an. 2011 waren es noch 18,2 Stunden. „Wegen dieser gegenläufigen Entwicklung hat sich die von allen abhängig Beschäftigten im Schnitt geleistete Wochenarbeitszeit im selben Zeitraum wenig verändert“, erklärte Destatis: Die Wochenarbeitszeit fiel von 34,6 Stunden im Jahr 2011 auf 34,1 Stunden im Jahr 2023.

Kaum Geschlechterunterschiede bei den Vollzeitbeschäftigten

Bei den Vollzeitbeschäftigten sank die Arbeitszeit bei Männern im Vergleich zu 2011 um 2,1% auf 40,3 Wochenstunden, bei Frauen um 2,0% auf 39,0 Wochenstunden. Bei den Teilzeitbeschäftigten zeigt sich hingegen ein Unterschied zwischen den Geschlechtern: Männer weiteten die Arbeitszeit um 20,0% auf nun 19,5 Wochenstunden etwas stärker aus als Frauen mit einem Plus von 16,6% auf 21,7 Wochenstunden. Zudem ist der Anteil der Teilzeitbeschäftigten an allen Beschäftigten im Betrachtungszeitraum von 27,2% auf 30,9% gestiegen. „Teilzeitbeschäftigte zu motivieren, mehr zu arbeiten, stellt eine Möglichkeit dar, zusätzliches Potenzial am Arbeitsmarkt zu erschließen“, betonten die Statistiker. „Gleichzeitig kann eine Teilzeitbeschäftigung die Aufnahme einer Beschäftigung erst ermöglichen, etwa weil auf diese Weise die Vereinbarkeit von Beruf und Familie besser oder überhaupt gewährleistet werden kann.“

Teilzeit bringt stärkeren Schub

Zwar könnte eine steigende Teilzeitquote bei gleichzeitig wachsender Zahl von Erwerbstätigen ein Zeichen dafür sein, dass Vollzeit- durch Teilzeitstellen ersetzt werden. „Tatsächlich hat aber sowohl die Zahl der Vollzeit- als auch die der Teilzeitbeschäftigten zugenommen“, heißt es bei Destatis. 2023 arbeiteten gut 17,7 Millionen Männer und knapp 9,5 Millionen Frauen in Vollzeit und damit zusammen 2,2 Millionen oder 8,7% mehr als noch 2011. Die Teilzeitbeschäftigung trug mit einem Plus von 30,1% − oder 1 Million Männer und gut 1,8 Millionen Frauen − indes stärker zum gesamten Beschäftigungswachstum bei.

Die Produktivität, gemessen als preisbereinigtes Bruttoinlandsprodukt (BIP) je Erwerbstätigenstunde, hat Destatis zufolge seit 2011 zugelegt, wenn auch unterschiedlich stark. Insgesamt waren es 9,1% von 2011 bis 2023. „Eine Ausnahme bildet das vergangene Jahr“, schränkten die Statistiker aber ein: Während das Arbeitsvolumen um 0,4% stieg, fiel das BIP um 0,3%, sodass die Arbeitsproduktivität um 0,6% sank.

IAB-Umfrage deutet Stellenstreichungen an

Ungemach für den Arbeitsmarkt droht indes von der hochumstrittenen kommenden Mindestlohnerhöhung. Eine Umfrage des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat ergeben, dass bei einem Anstieg von derzeit 12,41 Euro auf 14 Euro ein Fünftel der Betriebe hierzulande mit Stellenstreichungen innerhalb der kommenden zwölf Monate rechnet. Nach der EU-Mindestlohnrichtlinie gilt als Referenzgröße für einen angemessenen Mindestlohn ein Wert von mindestens 60% des Medianlohns, wodurch sich die 14 Euro ergeben. Von den 3.900 vom IAB befragten Betriebe gehen rund 19% von einer Abnahme der Beschäftigung aus. Etwa 1% rechnet mit einer Zunahme der Beschäftigung, 80% erwartet keine Änderung. „Es zeichnet sich ab, dass eine weitere Erhöhung des Mindestlohns zumindest kurzfristig deutliche Auswirkungen auf die Lohnstruktur und die Beschäftigungserwartungen der Betriebe in Deutschland haben würde“, heißt es beim IAB.

Futter für den Streit

In Politik und Wirtschaft wird derzeit über heftig über einen höheren Mindestlohn gestritten. So fordern etwa SPD und Grüne einen Mindestlohn von über 14 Euro. Anfang September hatte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) dies auch so in einem Schreiben an die Mindestlohn-Kommission kommuniziert. Bis Mitte 2025 muss die Kommission aus Vertretern von Gewerkschaften und Arbeitgebern einen Vorschlag für die Mindestlohn-Anhebung ab 2026 machen. Die − allerdings ebenso wie die Ampelparteien zerstrittene − Kommission hingegen verwehrt sich der politischen Einmischung. FDP und Spitzenverbände der Wirtschaft setzen auf die Kommissionsentscheidung.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.