NOTIERT IN PARIS

Von Wahlen und Weinen

Während die Welt gebannt die Wahlen in den USA verfolgt, bringen sich in Frankreich die Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen 2017 in Stellung. Vor allem die des rechten Oppositionslagers, das am 20. und 27. November Vorwahlen veranstaltet. Dann...

Von Wahlen und Weinen

Während die Welt gebannt die Wahlen in den USA verfolgt, bringen sich in Frankreich die Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen 2017 in Stellung. Vor allem die des rechten Oppositionslagers, das am 20. und 27. November Vorwahlen veranstaltet. Dann wird sich entscheiden, ob Ex-Premierminister Alain Juppé, Ex-Präsident Nicolas Sarkozy, Ex-Premierminister François Fillon, der frühere Parteivorsitzende Jean-François Copé, Ex-Agrarminister Bruno Lemaire, die ehemalige Umweltministerin Nathalie Kosciusko-Morizet oder der Vorsitzende der christlich-demokratischen Partei PCD Jean-Frédéric Poisson im nächsten Frühjahr ins Rennen geht.Dieses Mal haben sogar etliche französische Investmentfonds ihre bisherige Zurückhaltung aufgegeben. Unterstützten sie früher höchstens liberale Thinktanks wie das Institut Montaigne, wollen sie bei den Präsidentschaftswahlen 2017 eine aktivere Rolle spielen – indem sie liberale Kandidaten wie Alain Juppé und den früheren Wirtschaftsminister Emmanuel Macron beraten und finanzieren.”Die vorherrschende Vorgehensweise des Berufsstandes war, sich nicht in die Politik einzumischen”, erklärt Louis Godron, Vorsitzender von Argos Soditic. “Ich selber war ein schlafender Demokrat. Ich bin zu einem aktiven Demokraten geworden”, sagt der Business Angel. Man müsse handeln, meint er. “Das Land ist in einem sehr degradierten Zustand, obwohl es ein enormes Potenzial hat.” Der frühere parteilose Gemeinderat des südwestlich von Paris gelegenen Dorfes Mareil-Marly hat zwar nicht vor, jetzt einer Partei beizutreten. Dennoch berät er Juppé bei Themen wie Unternehmen, Innovationen und Beschäftigung. Vertreter der Wirtschaft müssten ihre Erfahrungen mit der Politik teilen, um das gegenseitige Verständnis voranzubringen.Ähnlich äußert sich André-François Poncet, ein früherer Gesellschafter von BC Partners, der den Interimsvorsitzenden der konservativen Oppositionspartei, der Republikaner, Laurent Wauquiez unterstützt. Der Zustand Frankreichs beunruhige ihn, da es keinen Dialog, aber dafür große Gräben gebe, sagt er. “Der Ruf von Frankreich hat im Ausland sehr gelitten”, sagt wiederum Jean-Marc Patouillaud. Der geschäftsführende Gesellschafter von Partech Ventures unterstützt ebenfalls Juppé. “Man muss aufhören, Unternehmer aus Steuergründen in die Flucht zu treiben”, fordert er.Ob solche Wünsche bei den potenziellen Kandidaten der Präsidentschaftswahlen tatsächlich auf Gehör treffen, dürfte sich auch bei der dritten Fernsehdebatte zeigen, die das rechte Oppositionslager am 17. November organisiert. Und bei den Vorwahlen, die die Linke Ende Januar abhält. *Derweil wird die Weinbranche in Bordeaux von einem Betrugsskandal bisher unbekannten Ausmaßes erschüttert. Das Strafgericht der südwestfranzösischen Stadt, die Juppé regiert, verurteilte jetzt einen Château-Besitzer zu einer Rekordstrafe von zwei Jahren Gefängnis und einer Geldbuße von rund 8 Mill. Euro. Denn die Richter sahen es als erwiesen an, dass François-Marie Marret illegalerweise überschüssigen Rebsaft aus unbekannten Lagen aufgekauft und diesen dann heimlich seinen Weinen aus renommierten Weinorten beigemischt hat.Aufgeflogen war der Betrug, als der französische Zoll Ende 2012 die drei Weingüter Marrets in dem berühmten Anbaugebiet kontrollierte: Château Fourcas Loubananey in Listrac, Château le Couvent in Saint-Emilion und Château Moulin à Vent in Lalande-Pomerol. Da sie zahlreiche Abweichungen zwischen der Buchhaltung und den Lagerbeständen entdeckten, leiteten sie vertiefte Untersuchungen ein.Dabei stießen sie auf eine illegale Lieferkette, die den Erben des inzwischen in der Lanson-BCC-Gruppe aufgegangenen Champagner-Produzenten Marne et Champagne mit Weinen aus der Überproduktion kleiner Winzer versorgte. Diese waren für den Verkauf verboten und hätten eigentlich für die Herstellung von Industriealkohol verwendet werden müssen. Die Justiz geht davon aus, dass Marrets eigene Produktion stark eingebrochen war, da er seine Weinberge verwahrlosen ließ.