Vorstände sollen weiblicher werden
wf Berlin – Bei der Einführung eines gesetzlichen Frauenanteils in Vorständen will die Bundesregierung den Unternehmen etwas mehr Zeit geben als zunächst geplant. Das neue Bestellungsgebot gilt nach Ablauf einer Übergangsfrist von acht Monaten vom Inkrafttreten des Zweiten Führungspositionengesetzes an. Das Bundeskabinett hatte den Entwurf gestern in Berlin beschlossen. Ursprünglich war vorgesehen, dass die Novelle am 1. Mai in Kraft tritt und das Bestellungsgebot vom 1.1.2022 an gilt. Nun schließt sich die Achtmonatsfrist an den noch unbestimmten Tag des Inkrafttretens an. Das Gesetzgebungsverfahren bis Anfang Mai abzuschließen ist zwar möglich, doch der Zeitplan wäre sehr sportlich.”Damit geben wir qualifizierten und motivierten Frauen endlich auch auf Ebene der Geschäftsführung die Chancen, die sie verdienen”, erklärte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) in Berlin zum Kabinettsbeschluss. Sie ist zusammen Frauenministerin Franziska Giffey (SPD) für den Regierungsentwurf zuständig. Giffey und die Vizevorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Nadine Schön, bezeichneten die in der Koalition lang umstrittene Reform als “Meilenstein”. Mit der Novelle des Aktien-, GmbH- und Genossenschaftsrechts sowie diversen Gleichstellungs- und Mitbestimmungsgesetzen wird erstmals eine Beteiligung von Frauen (bzw. Männern, wenn sie das unterlegene Geschlecht sind) in Vorständen und Geschäftsführungen etabliert. Bislang gibt es nur für Aufsichtsräte eine verpflichtende Quote von 30 % bei börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen. Die neue Regelung für die operative Führung schreibt indessen keine Quote vor, sondern eine Mindestbeteiligung. Von vierköpfigen Gremien an, die in börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen mit mehr als 2 000 Beschäftigten wirken, muss wenigstens eine Frau vertreten sein. Sind die Vorstände größer, bleibt es dennoch bei der Mindestzahl. Dies betrifft laut Bundesjustizministerium rund 70 Unternehmen, von denen rund 30 nur Männer im Vorstand haben. Die Vorschriften gelten generell nur für Neubesetzungen. Bestehende Mandate laufen bis zum Ende weiter. Verschärft wird mit dem Entwurf auch die Vorgabe für Unternehmen, Zielgrößen für die Geschlechter im Vorstand zu definieren. Unternehmen werden begründen und darüber berichten müssen, warum sie sich das Ziel setzen, null Frauen in den Vorstand zu berufen. Lambrecht und Giffey versprechen sich davon, die Nullnummern künftig effektiver sanktionieren zu können.Bei den rund 90 Bundesunternehmen mit Mehrheitsbeteiligung geht es strenger zu: Die Beteiligung von einer Frau wird schon für mindestens dreiköpfige Vorstände vorgegeben. Dazu gehören die Deutsche Bahn oder die Flugsicherung. Bei Körperschaften des öffentlichen Rechts wie Krankenkassen, Rentenversicherungsträgern oder der Arbeitsagentur wird die Mindestbeteiligung von einer Frau in allen mehrköpfigen Vorständen eingeführt.