IWF-Bericht

Währungsfonds tritt für höhere Steuern und Umverteilung ein

Der Internationale Währungsfonds (IWF) legt Regierungen angesichts stark gestiegener Staatsschulden nahe, Steuern für Wohlhabende zu erhöhen und stärker auf Umverteilung zu setzen. Um den aus der Pandemie entstandenen Finanzierungsbedarf zu decken,...

Währungsfonds tritt für höhere Steuern und Umverteilung ein

det/rec Washington/Frankfurt

Der Internationale Währungsfonds (IWF) legt Regierungen angesichts stark gestiegener Staatsschulden nahe, Steuern für Wohlhabende zu erhöhen und stärker auf Umverteilung zu setzen. Um den aus der Pandemie entstandenen Finanzierungsbedarf zu decken, sollten sie unter anderem eine vorübergehende Zusatzabgabe auf hohe Einkommen und Vermögen erwägen, raten die Fachleute des IWF in ihrem Bericht zur finanziellen Situation der Länder. Dem IWF zufolge ist dies nötig, um die Kosten der Coronakrise zu schultern und mehr in Gesundheit, Bildung und soziale Absicherung zu investieren, um Ungleichheit zu reduzieren. Es gehe darum, „Umverteilungspolitiken zu stärken“, schreibt der Chef der Abteilung für Finanzangelegenheiten, Vitor Gaspar, im Vorwort des „Fiscal Monitor“.

Die Empfehlungen des IWF dürften nicht zuletzt in Deutschland auf reges Interesse stoßen. Schließlich geht die SPD mit solchen Forderungen in die Bundestagswahl, während aus den Reihen des Koalitionspartners CDU/CSU Widerstand kommt. Auch eine Sonderabgabe in Gestalt eines „Corona-Solis“ haben Ökonomen ins Spiel gebracht. Konkret plädiert der IWF für eine stärkere Progression der Steuersysteme, also höhere Steuersätze auf hohe Einkommen. Als weitere Option bringt er Erbschaft-, Schenkung- und Vermögensteuern ins Spiel und Steuern für Firmen, die in der Krise „übermäßig hohe“ Gewinne erzielt haben.

Hintergrund der Empfehlungen sind weit verbreitete Sorgen über die hohe Neuverschuldung im Zuge der immensen fiskalischen Stützungsmaßnahmen weltweit, um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abzufedern. Die Menschen hätten „allen Grund, besorgt zu sein“, sagte IWF-Chefin Kristalina Georgiewa. Nach Berechnungen des IWF haben Regierungen insgesamt mehr als 16 Bill. Dollar ausgegeben, um das Abgleiten in eine noch tiefere Rezession zu verhindern. Weil gleichzeitig die Wirtschaftsleistung eingebrochen ist, sind die Schuldenquoten stark gestiegen: in den Industrieländern um etwa 20 Prozentpunkte, in Schwellenländern um 10, in Entwicklungsländern um 5. Gerade die ärmsten Staaten liefen Gefahr, in eine „Schuldenfalle“ zu geraten, warnte Georgiewa. Zugleich verweist der IWF auf die weiter gesunkenen Zinskosten (siehe Grafik).

Obwohl der Währungsfonds die beachtlichen Erfolge bei der Entwicklung und Verabreichung neuer Impfstoffe gegen das Virus hervorhebt, habe die Wirtschaftspolitik nun eine schwierige Gratwanderung zu meistern. So müssten Staaten einerseits die Folgen eines vorzeitigen Rückzugs der Stützungsmaßnahmen bedenken, welche die Erholung bremsen könnten, und gleichzeitig die Schulden im Auge behalten. Bekommen Länder die Pandemie schneller als erwartet unter Kontrolle, dann könnte dies nach Berechnungen des IWF allein in den Indus­trieländern die Steuererlöse bis 2025 kumulativ um mehr als 1 Bill. Dollar steigern. Unverzichtbar sei daher verstärkte Kooperation bei der Produktion und weltweiten Verteilung der Impfstoffe, die insbesondere für die ärmeren Schwellen- und Entwicklungsländer erschwinglich sein müssten, betont der Währungsfonds. Geholfen werde müsse diesen in finanzieller Hinsicht durch direkte Zuschüsse, Finanzierung zu Vorzugsbedingungen oder „in einigen Fällen“ Umschuldungsvereinbarungen.

Angesichts der unterschiedlichen Ausgangspositionen und haushaltspolitischen Spielräume mahnt der IWF einen gezielteren Einsatz der Stützungsmaßnahmen an. Diese sollten insbesondere erneuerbaren Energien gelten und der Digitalisierung der Wirtschaft Rechnung tragen. Wichtig seien zudem Strukturreformen, etwa mittelfristige fiskalische Rahmenwerke, sowie die Einführung von Verschuldungsgrenzen. Zusammen mit den empfohlenen Reformen des Steuersystems will der Währungsfonds auf diese Weise Regierungen sensibilisieren, Puffer aufzubauen und ihren fiskalpolitischen Spielraum zu erhöhen, um für künftige Krisen gewappnet zu sein.