Russland

Währungshüter drücken mächtig aufs Tempo

Formal ist die Entscheidung über die Einführung eines digitalen Rubel in Russland noch nicht gefallen. Das hält Moskaus Währungshüter nicht davon ab, ordentlich aufs Tempo zu drücken: Ende Juni hat Russlands Zentralbank eine sogenannte...

Währungshüter drücken mächtig aufs Tempo

rec

Formal ist die Entscheidung über die Einführung eines digitalen Rubel in Russland noch nicht gefallen. Das hält Moskaus Währungshüter nicht davon ab, ordentlich aufs Tempo zu drücken: Ende Juni hat Russlands Zentralbank eine sogenannte „Pilotgruppe“ ins Leben gerufen, die zu Beginn aus einem Dutzend Banken besteht und nach und nach ausgebaut werden soll. Das Ziel: Bis Ende dieses Jahres will die Bank of Russia einen Prototyp einer E-Rubel-Plattform fertiggestellt haben.

Mit ihrem Bestreben sind Russlands Währungshüter im Kreis der Schwellenländer in guter Gesellschaft. In der Nutzung von Kryptowährungen aus privater Hand sind viele Schwellenländer quer über die Kontinente schon jetzt führend – von Vietnam über Russland, Ukraine und Kenia bis Kolumbien. Besonders in Regionen, wo das lokale Bankensystem unterentwickelt und die Zahlungsinfrastruktur ineffizient sind, bieten Kryptowährungen Bürgern willkommene, weil günstigere und schnellere Alternativen für Überweisungen von Kleinbeträgen aus dem In- und Ausland. Die Schattenseite: Je populärer die typischerweise schwankungsanfälligen und kaum regulierten Kryptowährungen sind, desto instabiler wird das lokale Finanzsystem und größer der Druck auf die Lokalwährung samt Inflationsgefahren.

Deshalb gehen Schwellenländer zunehmend dazu über, den Handel mit Kryptowährungen zu regulieren oder gar zu verbieten. Jüngste Beispiele sind die Türkei und Südafrika. Stattdessen forcieren Regierungen und Zentralbanken in zunehmenden Maße die Entwicklung staatlich kontrollierter Digitalwährungen. „Etliche Schwellenländer dürften führend bei der Einführung digitaler Zentralbankwährungen sein“, erwarten die Ökonomen der Bank of America.

Russlands Währungshüter streben nach eigenem Bekunden an, im Januar 2022 Testläufe mit einem digitalen Rubel auf Basis des nun zu entwickelnden Prototyps zu starten. Sie wollen eine breitestmögliche An­wendung: Der digitale Rubel soll es Bürgern ermöglichen, Waren und Dienstleistungen sowohl online als auch mittels einer digitalen Geldbörse ohne Verbindung zum Internet zu bezahlen – „wie Bargeld“.