Waffengleichheit mit China und USA
Die Wirtschaft lehnt das gestern vom Bundeskabinett beschlossene verschärfte Außenwirtschaftsrecht ab. Stattdessen sollte Berlin darauf dringen, dass heute noch verschlossene Märkte geöffnet werden.ge Berlin – Während die Bundesregierung ihr Vetorecht gegen Übernahmen strategisch wichtiger Unternehmen ausbaut, fordert die Wirtschaft von Berlin, den Druck auf ausländische Regierungen zu verstärken, um deren Märkte zu öffnen. Deutschland sei im Ausland auf offene Märkte angewiesen, sagte Stefan Mair aus der BDI-Hauptgeschäftsführung. Deshalb lehne der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) ein Außenwirtschaftsrecht ab, das Investitionen mehr und mehr blockiert. Gestern hatte das Bundeskabinett verschärfte Prüfungen bei nennenswerten Beteiligungen an hiesigen Unternehmen durch Firmen von außerhalb Europas beschlossen, um den Abfluss von wichtigem Know-how zu unterbinden. Trotz der künftig höheren Hürden bei einer Übernahme versicherte Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD), “wir bleiben eine der offensten Volkswirtschaften der Welt, aber wir achten auch auf faire Wettbewerbsbedingungen. Das sind wir unseren Unternehmen schuldig.” Diese stünden oft im Wettbewerb mit Ländern, deren Wirtschaftsordnung nicht so offen sei wie die deutsche.Besser geschützt werden jetzt weitere Rüstungsunternehmen, die bestimmte Schlüsseltechnologien – etwa Sensorik – entwickeln oder herstellen. Zudem stehen Firmen im Bereich der kritischen Infrastrukturen – Strom- und Wasseranbieter, Krankenhäuser, Telekommunikationskonzerne oder Softwareanbieter bei Zahlungssystemen und der Abwicklung von Wertpapiergeschäften – künftig unter verschärfter Beobachtung bei einer möglichen Übernahme, da hier die öffentliche Ordnung und die Sicherheit gefährdet seien. Änderung auch im EU-RechtMit der Auflistung betroffener Wirtschaftsbereiche, die unter dem Schutz des Staates stehen, sei erstmals Klarheit bei Firmenkäufen geschaffen worden, urteilt Rechtsanwalt Rolf Hempel von der Kanzlei CMS Hasche Sigle. In der Vergangenheit sei hier eher nach Gefühl gehandelt worden, wie die Beispiele des Roboterbauers Kuka oder des (an den USA gescheiterten) Chip-Anlagenbauers Aixtron zeigten.Mit der neuen Verordnung werde “Waffengleichheit” geschaffen mit China und den USA, betont Herbert Werle, Managing Director beim stark im Reich der Mitte vertretenen Beratungsunternehmen Goetzpartners. Das Wirtschaftsministerium kann eine Übernahme prüfen, wenn ein außereuropäischer Interessent mindestens 25 % an einem inländischen Unternehmen erwirbt. Da Zahl und Komplexität der Übernahmen in jüngster Zeit deutlich gewachsen seien, wurden zugleich die Prüffristen von zwei auf vier Monate verlängert. Einbezogen seien auch mittelbare Erwerbe, wo ausländische Investoren über EU-Firmen tätig werden. Mit Frankreich und Italien werde versucht, Änderungen auch im EU-Recht zu erreichen.