Warnungen vor einem Euro-Austritt Frankreichs

Moody's hält Risiko für gering, aber steigend - Thinktank beziffert "Frexit"-Kosten auf 180 Mrd. Euro

Warnungen vor einem Euro-Austritt Frankreichs

wü Paris – Moody’s beurteilt das Risiko für einen Austritt Frankreichs aus dem Euro zwar als gering. Doch in einem Bericht warnt die Ratingagentur auch, dass das Risiko steige, da der rechtsextreme Front National in den vergangenen Jahren stetig an Popularität gewonnen habe. Die Gemeinschaftswährung zu verlassen wäre extrem negativ – sowohl für Frankreich als auch für die in der Eurozone verbleibenden Staaten, meint sie.Derzeit bewertet Moody’s die Bonität Frankreichs mit “Aa 2” sowie einem stabilen Ausblick. Die Ratingagentur will nach den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen die möglichen Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit prüfen. Dabei dürfte die Fiskal- und Wirtschaftspolitik der künftigen Regierung im Mittelpunkt stehen, da dies die größten Herausforderungen darstellen.Moody’s hält es für unwahrscheinlich, dass der Front National sowohl die Präsidentschafts- als auch die Parlamentswahlen im Juni gewinnt. Das würde es nach Ansicht der Ratingagentur schwieriger für die Chefin des Front National, Marine Le Pen, machen, ein Referendum zum Verbleib in der EU und im Euro abzuhalten, heißt es in dem Bericht. Jüngste Umfragen würden zudem darauf hindeuten, dass eine Mehrheit der Bevölkerung gegen den Euro-Austritt stimmen würde. Doch die vergangenen Monate hätten gezeigt, dass politische Überraschungen nicht auszuschließen seien.Sollte Frankreich aus dem Euro austreten, den Franc wieder einführen und seine Anleihen auf die nationale Währung umstellen, könnte es zu einem Kreditausfall kommen, urteilt Moody’s. Alle anderen Schuldeninstrumente könnten bei einer Redenominierung ebenfalls als ausfällig eingestuft werden. Selbst wenn es nicht zu einem Kreditausfall kommen sollte, hätte ein Euro-Austritt negative Kreditfolgen, warnt die Ratingagentur. Dem Land würden hohe wirtschaftliche, finanzielle und politische Turbulenzen drohen.Ähnlich äußerte sich Scor-Chef Denis Kessler in einem Interview mit “Les Echos”. Kessler schätzt das Risiko, dass eine populistische Partei in Frankreich die Macht ergreift, auf 15 bis 20 %. “Das würde zu einer Verschlechterung der Kreditwürdigkeitsnote Frankreichs führen und im schlimmsten Fall zu einem Kreditausfall”, sagte der Chef des Rückversicherers. Laut Standard & Poor’s wäre Frankreich bei einem Euro-Austritt automatisch pleite.Kessler warnt ebenfalls, dass ein extrem negatives Szenario drohe, wenn Frankreich aus dem Euro austreten sollte. “Der neue Franc würde im Vergleich zur heutigen Situation 25 bis 30 % abgewertet, die Zinsen würden stark steigen”, meint er. Das würde den Haushalt gefährden und zu einem starken Rückgang des Bruttoinlandprodukts (BIP) führen. “Wir hätten ein Szenario wie in Griechenland, nur noch schlimmer, da kein anderes europäisches Land für das französische Risiko aufkommen könnte, noch nicht mal Deutschland.” All das würde zu einer großen wirtschaftlichen, politischen und sozialen Krise führen.Der liberale Thinktank Institut Montaigne und selbst der sonst eher zurückhaltende Banque-de-France-Chef François Villeroy de Galhau haben ebenfalls gewarnt, dass ein Euro-Ausstieg für Frankreich sehr teuer würde. Das Institut Montaigne beziffert die Kosten auf 180 Mrd. Euro. Der Thinktank ist bei seinen Berechnungen davon ausgangen, dass der Wechselkurs für den neuen Franc um 20 % abgewertet werden dürfte. Er geht davon aus, dass das BIP im ersten Jahr nach dem Euro-Austritt um 2,3 % schrumpfen und langfristig 9 % geringer ausfallen würde, als wenn Frankreich die Gemeinschaftswährung behalten würde.Dies würde zu einem Verlust wirtschaftlicher Aktivitäten in Höhe von 180 Mrd. Euro führen. Das sei sogar noch ein relativ optimistisches Szenario, meint das Institut Montaigne. Ein Ausstieg aus dem Euro dürfte bereits im ersten Jahr zur Vernichtung mehrerer zehntausend Arbeitsplätze führen, langfristig dürften sogar mehr als 500 000 Arbeitsplätze wegfallen. Dabei beträgt die Arbeitslosenquote in Frankreich bereits jetzt 9,7 % ohne die Übersee-Départements.