EZB

Warten auf März

So einig wie bei der gestrigen Einschätzung der Wachstumsaussichten der Eurozone, in welcher der EZB-Rat die Risiken nicht mehr als "ausgeglichen", sondern als "abwärtsgerichtet" bezeichnete, ist man sich im EZB-Rat selten. Aber nachdem zusätzlich...

Warten auf März

So einig wie bei der gestrigen Einschätzung der Wachstumsaussichten der Eurozone, in welcher der EZB-Rat die Risiken nicht mehr als “ausgeglichen”, sondern als “abwärtsgerichtet” bezeichnete, ist man sich im EZB-Rat selten. Aber nachdem zusätzlich zu schwelenden Handelskonflikten, Brexit-Chaos und nachlassendem China-Wachstum auch noch der wichtigste Stimmungsindikator der Eurozone auf ein Fünfjahrestief gefallen war, konnte wohl selbst der hartgesottenste Falke im Rat nicht dagegen stimmen.Doch so einig sich der Rat bei der Beurteilung der Risiken war, so uneinig war er sich bei der Frage, wie lange und wie heftig sich die Konjunkturschwäche fortsetzen werde. Insofern hielt sich EZB-Chef Mario Draghi zurück – man warte auf die Projektionen im März, um ein klares Bild zu zeichnen. Selbst der allmächtige Draghi hat nun mal keine Glaskugel, um in die Zukunft zu schauen.Eins ist seit gestern aber auch ohne Kugel glasklar: Ein Zinsschritt in diesem Jahr ist nochmals weniger wahrscheinlich geworden. Mit der wohlwollenden Kommentierung der Zinserwartungen an den Märkten hat Draghi den ersten Zinsschritt quasi auf 2020 verschoben.Was das genaue Timing künftiger Zinsschritte angeht, wird ebenfalls der März entscheidend sein, denn dann zeigt sich, ob die EZB die Risiken als dauerhaft einschätzt und ihre Prognosen senkt. Schon jetzt rechnet keiner mehr mit einem Wachstum von 1,7 % in diesem Jahr.Draghi kennt sich gut aus mit solchen Situationen. Bis auf den Zeitraum April 2017 bis Dezember 2018 war der Wachstumsausblick während seiner achtjährigen Amtszeit immer nach unten gerichtet. Ob es unter seiner Regie überhaupt noch zu einem Zinsschritt kommt, ist zweifelhaft. Draghi versuchte gestern, die Rezessionsängste zu zerstreuen, erwähnte allerdings, dass der EZB im Falle eines Falles weiterhin ein ganzer Werkzeugkasten an geldpolitischen Instrumenten zur Verfügung stehe.Der ohnehin sehr langfristig angelegte Exit-Fahrplan droht sich damit noch weiter zu verzögern. Dagegen, dass die EZB auf dem Weg hin zur zinspolitischen Normalisierung nichts überstürzen und nun erst einmal bis März weitere Daten abwarten möchte, ist generell nichts einzuwenden. Bei ihrem Ausstieg aus der ultralockeren Zinspolitik sollte sich die EZB aber von all der politischen Unsicherheit nicht zu sehr beirren lassen – insbesondere da es auch viele gute Nachrichten aus der Eurozone gibt, wie die Lage am Arbeitsmarkt und der robustere Zustand der meisten Bankbilanzen.