DER EZB-KOMPASS DER DEKA

Was beim neuen EZB-Kompass alles anders ist

Fokus auf den aktuellen Rand, weniger auf langen Zeithorizont - Bedeutung der Indikatoren variiert

Was beim neuen EZB-Kompass alles anders ist

ms Frankfurt – Seit Ende 2001 verwendet die DekaBank ein Scoring-Modell zur Beurteilung der angemessenen Leitzinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) – den EZB-Kompass. Der Kompass versucht, alle für die EZB maßgeblichen Indikatoren zusammenzufassen. Jeweils unmittelbar vor einer geldpolitischen Sitzung wird das Ergebnis in der Börsen-Zeitung veröffentlicht. Nun hat die DekaBank die Methodik vollständig überarbeitet. Ziel war es, “einen neuen Indikator zu konstruieren, der die tatsächliche Geldpolitik der EZB wieder besser beschreibt”, sagt Kristian Tödtmann, der den Kompass federführend verantwortet.Mit der Überarbeitung zieht die DekaBank nicht zuletzt die Lehren aus der Weltfinanz- und der Euro-Krise und der Reaktion der EZB darauf. Im Kampf gegen die Krisen und die zeitweise deutlich unter dem EZB-Zielwert liegende Inflation hatten die Euro-Hüter ihre Leitzinsen auf und teils sogar unter 0 % gesenkt und zu außergewöhnlichen Maßnahmen wie breiten Anleihekäufen gegriffen.Getrieben war die Überarbeitung und ist der neue Kompass laut Tödtmann vor allem von drei Überlegungen: Ziel soll erstens eine robuste Einschätzung darüber sein, ob die Geldpolitik am aktuellen Rand eher gestrafft oder gelockert werden sollte. Es gehe nicht darum, jeder Konstellation an makroökonomischen Daten ein angemessenes Leitzinsniveau zuzuordnen oder Aussagen darüber zu machen, wie hoch das Leitzinsniveau in zwölf oder 24 Monaten sein werde, so Tödtmann: “Ein Kompass ist etwas anderes als eine Landkarte.” Es gehe darum, in welche Richtung man sich als Nächstes bewegen sollte – nicht um eine Beschreibung des gesamten Weges.Eine weitere zentrale, damit zusammenhängende Überlegung ist zweitens, was in der Wissenschaft und im Research zunehmend unter dem Begriff “Nowcasting” firmiert. Es geht um die Gegenwart und die unmittelbare Zukunft, den aktuellen Datenkranz – und auf langfristige Prognosen wird verzichtet.Laut Tödtmann beschreiben solche Richtungsaussagen die Praxis der Geldpolitik wesentlich besser. Zentralbanken vollzögen notwendige Anpassungen typischerweise nicht in einem Schritt. Sie teilten sie in mehrere Etappen auf und beobachteten nach jeder einzelnen, ob die Volkswirtschaft in der erwarteten Weise reagiere. “Diese geldpolitischen Entscheidungsprozesse bei Unsicherheit zu beschreiben, ist die Intention des neuen Deka-EZB-Kompasses”, sagt Tödtmann.Die dritte zentrale Überlegung und Neuerung ist schließlich, dass es für die EZB im Grunde drei zentrale Themenbereiche gibt, nämlich die Inflation, die Konjunktur und die Finanzierungsbedingungen – dass deren relative Bedeutung für die konkrete Geldpolitik aber durchaus im Zeitablauf variiert. Insbesondere die großen Wendepunkte der Geldpolitik könnten von sehr unterschiedlichen Triebfedern ausgehen, so Tödtmann. So habe die EZB beispielsweise nach dem Ausbruch der Weltfinanzkrise die noch hohen Inflationsraten ignoriert und ihre Geldpolitik zügig gelockert. Grund dafür seien die strikter werdenden Finanzierungsbedingungen und der Einbruch des Wirtschaftswachstums gewesen. Die EZB reagiere systematisch stärker auf Entwicklungen, die weit von der Norm abwichen, so Tödtmann.Konkret betrachtet die DekaBank nun 13 Indikatoren (statt zehn), gruppiert diese in die drei Bereiche und fasst diese jeweils zu einer Inflations-, Konjunktur- und Finanzierungssäule zusammen. Deren gewichtetes geometrisches Mittel ergibt den EZB-Kompass. Die neutrale Marke liegt bei null. Werte darunter signalisieren eine Notwendigkeit einer geldpolitischen Lockerung, Werte darüber legen eine Straffung nahe. Der Intervall ist festgelegt von -100 bis +100.