Was bringt uns die EU?

Von Julia Wacket, Frankfurt Börsen-Zeitung, 15.3.2017 Am 25. März jähren sich 60 Jahre Römische Verträge und das Entstehen der Europäischen Union. Während auf der einen Seite Populisten die Kosten und Misserfolge der EU anprangern, bildet sich auf...

Was bringt uns die EU?

Von Julia Wacket, FrankfurtAm 25. März jähren sich 60 Jahre Römische Verträge und das Entstehen der Europäischen Union. Während auf der einen Seite Populisten die Kosten und Misserfolge der EU anprangern, bildet sich auf der anderen Seite eine Gegenbewegung, welche die Errungenschaften eines vereinten Europas feiert und Gemeinsamkeiten statt Unterschiede hervorhebt. Bürgerinitiativen wie “Pulse of Europe” verschaffen den EU-Befürwortern eine Stimme und füllen Straßen in ganz Europa. Eine 19-Jährige rief dieses Wochenende auf der Versammlung in Frankfurt mit rund 4 000 Teilnehmern Jung und Alt dazu auf, politisch aktiver zu werden und den Frieden und Wohlstand in Europa nicht für selbstverständlich zu halten.Auch die Förderbank KfW hat eine Studie zum Nutzen der EU herausgebracht. Laut KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner steht die EU zwar vor großen Herausforderungen, liegt aber in Sachen Wohlstand und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit nach wie vor weltweit mit an der Spitze. Aber er sagt: “Die EU hat ein Marketingproblem!” Wir müssten weniger fragen, was hat die EU gekostet, sondern was hat sie erreicht? Beispiele dafür führt die KfW-Studie viele an: Als zweitgrößter Binnenmarkt weltweit ist die EU inzwischen wirtschaftlich so bedeutend wie die USA. 2015 hat sie 17 % des weltweiten BIP erwirtschaftet und einen Anteil von 33 % am Welthandel erbracht. Der Wohlstand der sechs Gründerstaaten hat sich seit 1958 mehr als verdreifacht. Die enge Verflechtung der Handelsbeziehungen innerhalb der EU führt zu Spezialisierungen und Produktivitätsgewinnen, von denen vor allem die Deutschen profitieren. Auch Verbraucher ziehen durch Produktvielfalt, hohe Standards und sinkende Preise großen Nutzen aus der EU. Im Alltag bietet die Gemeinschaft Vorteile, etwa bei der Abschaffung der Roaminggebühren. Die EU bleibt zudem eine Wertegemeinschaft, die Frieden und Demokratie lebt.Trotz all dieser Errungenschaften besteht weiterhin Reformbedarf. Zeuner fordert deshalb mehr Investitionen, eine Vervollständigung der Bankenunion, einen gemeinsamen Haushalt für die Eurozone und mehr nationale Initiativen zur Steigerung der Arbeitsproduktivität.Ob die EU für ihre neue Marketingstrategie also auch mit einem Bus à la Nigel Farage durch die Lande fahren soll, so dass mehr Bürger auf ihre Vorteile aufmerksam werden? Kaum vorstellbar, allein weil viele Argumente zu komplex sind, als dass man sie plakativ an die Karosserie kleben könnte. Wichtig bleibt die kritische Selbstreflexion in Brüssel. Wie können wir die EU sozialer und fairer gestalten? Insofern ist es wichtig, den Bürgern die Vorteile von Europa durch gemeinschaftliche Veranstaltungen wie “Pulse of Europe” näherzubringen. Wenn die Politiker dies nicht schaffen, müssen eben die Bürger die Initiative ergreifen. ——–Den Bürgern müssen die Vorteile europäischer Integration näher gebracht werden.——-