EZB STEIGT INS QUANTITATIVE EASING EIN

Was der EZB-Kurs für andere Notenbanken bedeutet

Dänemark senkt binnen vier Tagen zweimal die Zinsen - SNB kapituliert - Fed hat Dollar-Stärke im Blick

Was der EZB-Kurs für andere Notenbanken bedeutet

Von Mark Schrörs, FrankfurtSNB-Chef Thomas Jordan hat seinen großen Auftritt genau eine Woche vor jenem von EZB-Präsident Mario Draghi gestern gehabt: Am Donnerstag vergangener Woche verkündete die Schweizerische Nationalbank (SNB) das Ende des seit mehr als drei Jahren verteidigten Mindestkurses des Franken zum Euro – und überraschte damit nicht nur die Politik im eigenen Land und die Notenbankwelt, sondern schockte regelrecht die Finanzmärkte. Die SNB sah sich ganz offenkundig nicht mehr in der Lage, sich angesichts der anhaltenden Euro-Schwäche mit Interventionen am Devisenmarkt gegen eine Aufwertung des Franken zu stemmen.Die Entscheidung warf ein grelles Schlaglicht auf die Folgen, die die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) auf andere Währungshüter hat: Die EZB lockert ihre Politik immer weiter und setzt teils kaum verbrämt auf eine Abwertung des Euro. Das soll die Konjunktur ankurbeln und etwa auch zu steigenden Importpreisen führen – was beides die Inflation erhöht. Für die anderen bedeutet das aber, dass es auf ihre Landeswährungen Aufwertungsdruck gibt – mit den gegenteiligen Folgen. Das wiederum können diese kaum gebrauchen, ist doch auch andernorts die Inflation oft sehr niedrig oder negativ. “Insofern kann man zugespitzt sagen: Die EZB exportiert mit ihrer Politik ihr Deflationsproblem”, sagt Karsten Junius, Chefvolkswirt der Schweizer Bank J. Safra Sarasin. “Kollateralschäden”Der Vizechef der schwedischen Zentralbank, Per Jansson, hatte bereits Ende vergangenen Jahres im Interview der Börsen-Zeitung gesagt, dass die Riksbank die EZB-Politik immer stärker in den Blick nehmen müsse, auch wenn er Verständnis für das Agieren der Euro-Hüter zeigte. Andere Beobachter sind da weniger diplomatisch: Sie sprechen schon von “Kollateralschäden” der EZB-Politik unter anderen Zentralbanken.Der Blick richtet sich da beispielsweise auf die dänische Zentralbank. Die Dänenkrone ist an den Euro gekoppelt – wie früher an die D-Mark. In quasi vorauseilendem Gehorsam senkte die dänische Zentralbank am Montag dieser Woche ihre Leitzinsen, gestern legte sie nach. Der Einlagesatz liegt nun bei – 0,35 %. Steht nun gar die Euro-Bindung auf der Kippe? Nein, so weit scheint es nicht. Das gesamte Establishment steht hinter der Bindung, “Sie ist Teil der wirtschaftlichen DNA des Landes”, sagt Holger Sandte, Europa-Chefvolkswirt der skandinavischen Bank Nordea. Doch die Währungshüter bleiben gehörig unter Druck.Es sind aber keinesfalls nur die kleineren Zentralbanken im direkten Umfeld der Eurozone, die tangiert sind. Auch die Währungshüter in den USA, Großbritannien und Japan dürften sehr genau beobachten, was die EZB tut – und wie es auf die Wechselkurse wirkt. Die US-Notenbank Fed etwa zeigt sich bislang noch recht entspannt, was die Stärke des Dollar zum Euro betrifft. Fraglich aber ist, wie lange das so bleibt – zumal der Verfall der Ölpreise auch in den USA die Inflation drückt. Wenn es hart auf hart kommt, könnte die Fed mit ihrer ersten Zinserhöhung einfach noch länger warten. Ähnliches gilt für die Bank of England. Die Bank of Japan könnte sich dagegen bemüßigt fühlen, ihre Politik ebenfalls weiter zu lockern.Die große Sorge ist, dass am Ende die Geldpolitik als Ganzes weltweit lockerer bleibt, als es angezeigt wäre. Diese Bedenken äußerte jüngst auch der Ex-Chefvolkswirt der BIZ, der Zentralbank der Zentralbanken, William White, in der Börsen-Zeitung. Ex-EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark warnte: “Zweifelsohne ist die Gefahr eines Abwertungswettlaufes größer geworden.” Das Ergebnis wäre ein “Negativsummenspiel”:Allerdings steht die Weltwirtschaft auch vor enormen Herausforderungen, falls sich Fed und Bank of England unbeeindruckt zeigen und straffen, während die EZB – und womöglich die Bank of Japan – lockern. Dann käme es zu einem extrem asynchronen Exit (vgl. BZ vom 1.8.2014). Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, sprach jüngst gar von einer “Super-Asynchronität”. Sie befürchtet volatile Kapitalflüsse – mit negativen Effekten für die Finanzstabilität.Angesichts all solcher Entwicklungen wird auch der Ruf nach einer internationalen Koordinierung der Geldpolitik wieder lauter. Der IWF fordert das seit langem. Im Blick hatte der Fonds zumeist die Fed und die Folgen der US-Geldpolitik für die Schwellenländer. Nun aber könnte die EZB stärker in den Fokus geraten.