GELDPOLITIK

Was der Fed-Entscheid für die EZB bedeutet

Euro-Hüter dürften sich in ihrer pessimistischeren Konjunktursicht bestärkt fühlen - Lockerere Finanzierungskonditionen helfen

Was der Fed-Entscheid für die EZB bedeutet

Von Mark Schrörs, FrankfurtEZB-Präsident Mario Draghi und seine Mitstreiter betonen gerne und immer wieder, dass jede Zentralbank für ihren Währungsraum Geldpolitik mache, unabhängig von anderen Zentralbanken. Tatsächlich aber schauen die Währungshüter weltweit natürlich sehr genau, was die Kollegen machen. Das gilt in besonderem Maße für die US-Notenbank Fed als weltweit wichtigste Zentralbank. Insofern wird der neuerliche, überraschende Fed-Entscheid in Sachen geldpolitischer Normalisierung ausstrahlen – auch auf die EZB. Vielschichtige FolgenDie Implikationen für die Euro-Hüter sind dabei durchaus vielschichtig – und teils gegensätzlich. Unter dem Strich aber dürften sich die Notenbanker in ihrer jüngsten vorsichtigen Position bestätigt fühlen: Anfang März hatten sie nicht nur die ursprünglich für die zweite Jahreshälfte 2019 avisierte Zinswende mindestens bis ins Jahr 2020 vertagt – womit sich automatisch auch der Zeitraum verlängert, in dem die EZB Gelder aus fällig werdenden Anleihen reinvestiert, die sie im Zuge des Quantitative Easing (QE) erworben hat. Zudem hat sie neue Geldspritzen für die Banken (TLTRO) beschlossen.Wenn die Fed nun etwa die wirtschaftliche Entwicklung in den USA offenbar deutlich skeptischer einschätzt, dürfte das die Euro-Hüter in ihrer zuletzt pessimistischeren Konjunktursicht eher bestärken. Die USA sind die weltgrößte Volkswirtschaft, und sie waren zuletzt auch dank der expansiven Fiskalpolitik von US-Präsident Donald Trump ein zentraler Treiber für das globale Wachstum. Wenn sich die USA nun schwächer entwickeln sollten als bislang gedacht, bliebe das für die Weltwirtschaft nicht ohne Folgen – und damit auch nicht für den Euroraum.Hinzu kommt: Wenn die Fed nun bei der geldpolitischen Normalisierung auf die Bremse tritt oder sogar den Rückwärtsgang einlegt, macht es das für die anderen Zentralbanken weltweit noch schwerer, ihre ultralockere Geldpolitik zu normalisieren – zumindest wenn sie keine deutliche Aufwertung der eigenen Landeswährung gegenüber dem Dollar riskieren wollen. Auch die EZB war in der jüngeren Vergangenheit sehr sensibel, was den Wechselkurs betrifft – auch wenn die Euro-Hüter betonen, dass sie kein Wechselkursziel haben.Auf der anderen Seite ist es beispielsweise aber auch so, dass die Fed, wenn sie mit einer lockereren Geldpolitik die US-Wirtschaft stützt, auch das Risiko einer Rezession in den USA und damit das eines schweren Absturzes der Weltwirtschaft tendenziell reduziert. Das wiederum verbessert auch die Aussichten und mindert die Risiken für den Euroraum – womit die EZB weniger unter Druck stehen könnte, selbst noch mehr zu tun. Zuletzt war etwa schon wieder vermehrt über eine baldige Reaktivierung der QE-Nettokäufe spekuliert worden.Eine vorsichtigere oder gar zum Stillstand kommende Zinsnormalisierung in den USA hat zudem zur Folge, dass die Finanzierungskonditionen in den USA und damit auch weltweit nicht mehr oder zumindest weniger stark anziehen als zuvor gedacht. Das kommt der Wirtschaft in den USA, aber auch weltweit zugute. Überhaupt bedeutet eine vorsichtigere Fed-Politik auch ein geringeres Risiko für Verwerfungen an den Finanzmärkten. Der oft zitierte “Fed-Put” impliziert ohne Frage große Risiken – kurzfristig aber reduziert er die Gefahr großer Marktvolatilität, die negativ auf die Realwirtschaft durchschlagen könnte. Geduldig sein – und abwartenEs sei jetzt eine “großartige Zeit”, um geduldig zu sein, hat Fed-Chef Jerome Powell am Mittwochabend gesagt. Man könne es sich leisten abzuwarten, wie sich die Dinge entwickelten, so der US-Notenbanker. Tatsächlich ist die Fed dank einiger Zinserhöhungen und des begonnenen Abbaus sicher in einer komfortableren Situation als die EZB, die elend lange für den Ausstieg aus QE gebraucht hat. Aber auch die Euro-Hüter dürften sich nun erst einmal weiter den Worten Powells anschließen – und abwarten.