DIE KONJUNKTUR HELLT SICH AUF

Was die BIP-Zahlen für die EZB bedeuten

Kein baldiger Kurswechsel zu erwarten

Was die BIP-Zahlen für die EZB bedeuten

Von Mark Schrörs, FrankfurtDie längste Rezession in der Geschichte der Eurozone ist zu Ende. Was folgt daraus für die Europäische Zentralbank (EZB)? Wird sie sich nun aus dem Krisenmodus verabschieden und den Ausstieg aus ihrer ultralockeren Geldpolitik angehen?Dass die Eurozone wieder wächst, dürfte auch bei der EZB für Erleichterung sorgen. Bereits seit längerem prognostiziert sie, dass sich die Euro-Wirtschaft zunächst stabilisiert und dann im Jahresverlauf und 2014 erholt. Dieses Bild scheint sich nun zu bestätigen. Mehr noch: Das Plus von 0,3 % im Frühjahr könnte gar ein wenig oberhalb dessen liegen, was die EZB-Volkswirte für das zweite Quartal in ihrer Jahresprognose für 2013 veranschlagt haben. Euro-Krise bleibt ein RisikoDas spricht zumindest dagegen, dass die EZB ihre rekordniedrigen Leitzinsen unmittelbar weiter senkt. “Das ist nun noch einmal unwahrscheinlicher geworden”, sagt Michael Schubert, EZB-Experte der Commerzbank. Bereits die jüngsten besseren Stimmungsindikatoren und harten Konjunkturdaten hatten solche Spekulationen ein wenig gebremst.Zugleich steht aber wohl kein rasanter Aufschwung bevor, und die Währungshüter sind sich der Risiken für das Wachstum bewusst. EZB-Präsident Mario Draghi hat sie zuletzt Anfang August aufgelistet. Dazu gehört, dass sich die Lage an den Finanzmärkten wieder zuspitzen oder die Weltwirtschaft stärker an Schwung verlieren könnte als erwartet. “Vor allem die Euro-Krise bietet das Potenzial für Rückschläge”, sagt Schubert. Zudem läuft die Kreditvergabe weiter schleppend.Das alles lässt einen schnellen geldpolitischen Kurswechsel wenig wahrscheinlich erscheinen – genau wie eine baldige Abkehr von der “Forward Guidance”. Anfang Juli hatte die EZB erklärt, dass sie aktuell davon ausgeht, dass die Zinsen noch “für längere Zeit” auf dem aktuellen oder einem niedrigen Niveau bleiben werden. Anfang August hat Draghi gesagt, es brauche schon “erheblich bessere” Entwicklungen als das EZB-Basisszenario, damit sich an dieser Haltung etwas ändert. “Diese Bedingung erfüllen die neuen Daten nicht”, sagt Christian Schulz, Volkswirt bei der Berenberg Bank.Grundlage für die Forward Guidance ist, dass die Inflation weiter unterhalb der EZB-Zielmarke von knapp 2 % liegt und laut EZB auf absehbare Zeit nicht auf mehr als 2 % klettert – was viele Beobachter ähnlich einschätzen. Das unterscheidet die Lage auch von 2011. Damals lag die Teuerung oberhalb der 2 % und stieg an – bis auf 3 %. Die EZB erhöhte zwei Mal die Zinsen – nur um sie bereits ein halbes Jahr später wieder zu senken, als die Eurozone zurück in die Rezession gefallen war.Vor den Zinserhöhungen 2011 hatte die EZB nach der Rezession 2008/2009 mit fünf Negativquartalen in Folge übrigens sieben Quartale mit positivem Wachstum abgewartet, ehe sie die Zinsen erhöhte.Allerdings kommt nun hinzu, dass die ultralockere Geldpolitik inzwischen seit Jahren anhält und auch im EZB-Rat Sorgen wachsen vor den Folgen etwa für die Finanzstabilität. Anhaltend positive Wachstumsdaten könnten daher einige im Rat dazu veranlassen, frühzeitig Diskussionen über Zinserhöhungen zu beginnen. “Wenn es so kommt, werden sich die Falken sicher schon Mitte 2014 bemerkbar machen”, sagt Schulz.Bereits die besseren Wachstumszahlen dürften aber Spekulationen an den Märkten auf steigende Zinsen anheizen und der EZB die Steuerung der Erwartungen erschweren. Anfang August hatte Draghi explizit erklärt, dass die EZB Spekulationen auf baldige Zinserhöhungen als “nicht angemessen” ansieht angesichts des von ihr unterstellten konjunkturellen Ausblicks. Noch einmal größere Bedeutung kommen nun den neuen Wachstums- und Inflationsprognosen der EZB Anfang September zu. Die EZB könnte aus ihrer Sicht “falsche” Markterwartungen mit Zinssenkungen oder Liquiditätsspritzen zu kontern versuchen. Die Tür dafür hat sich Draghi jedenfalls offengelassen.