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Weggefährte von Yellen als Fed-Vize im Gespräch

Von Stefan Paravicini, New York Börsen-Zeitung, 20.1.2018 In der Liste möglicher Kandidaten für den Posten des Vize-Chairman im Board of Governors der US-Notenbank ist ein weiterer Name zu vermerken. John Williams, der 2011 Fed-Chefin Janet Yellen...

Weggefährte von Yellen als Fed-Vize im Gespräch

Von Stefan Paravicini, New YorkIn der Liste möglicher Kandidaten für den Posten des Vize-Chairman im Board of Governors der US-Notenbank ist ein weiterer Name zu vermerken. John Williams, der 2011 Fed-Chefin Janet Yellen an der Spitze der regionalen Zweigstelle der Federal Reserve Bank in San Francisco nachgefolgt ist, hat laut US-Medienberichten auf Einladung des Weißen Hauses ein erstes Job-Interview für den vakanten Posten absolviert. Noch sei unklar, welche Chancen der 55-Jährige im Rennen um die Nachfolge des im Oktober überraschend zurückgetretenen Stanley Fischer habe, berichtet das “Wall Street Journal” unter Verweis auf Personen, die mit der Angelegenheit vertraut sind. Williams stehe derzeit nicht auf der Shortlist der aussichtsreichsten Bewerber, meldet Bloomberg unter Berufung auf Insider.In früheren Berichten wurden Richard Clarida von Pimco, der ehemalige Fed-Mitarbeiter Lawrence Lindsey sowie der ehemalige Pimco-Chef Mohamed El-Erian, der derzeit unter anderem die Allianz berät, als mögliche Nachfolger für Fischer genannt. Ob sie zum engeren Favoritenkreis gehören, ist ebenfalls offen. Keiner der genannten Kandidaten hat bisher öffentlich Interesse an dem Posten angemeldet oder die Medienberichte dazu kommentiert. Auch aus dem Weißen Haus liegt keine Stellungnahme vor. Eine Entscheidung über die Nachfolge Fischers, die vom Senat bestätigt werden muss, dürfte noch Monate entfernt sein. US-Notenbank im UmbauSollte Jerome Powell in den nächsten Tagen wie erwartet als Nachfolger von Janet Yellen an der Spitze der Fed bestätigt werden und die Fed-Chefin wie angekündigt aus dem Board ausscheiden, werden demnächst drei der sieben Posten im Board der Notenbank offen sein, wobei auch die von US-Präsident Donald Trump bereits in die Fed-Spitze berufenen Gouverneure Randal Quarles und Marvin Goodfriend noch auf die Bestätigung durch den Senat warten. Doch unabhängig davon, wie sich die Führung der US-Notenbank in Zukunft zusammensetzen wird, dürfte dem Vize-Chair künftig ein größeres Gewicht als bisher zukommen. Der designierte Notenbankchef Jerome Powell ist seit langer Zeit der erste Fed-Chair, der keinen Hintergrund in der ökonomischen Forschung mitbringt. Aktuell hält im Gouverneursrat der Fed nur Lael Brainard einen Ph.D., was für Janet Yellen sowie für ihre Vorgänger Ben Bernanke und Alan Greenspan noch eine Voraussetzung für ihre erfolgreichen Bewerbungen um den Spitzenjob der Notenbank war. Nummer 2 mit mehr GewichtIn Diskussionen über die theoretischen Grundlagen für die Notenbankpolitik wird die Nummer 2 neben Powell wohl ein gewichtigeres Wort als noch unter Yellen mitsprechen. Das ist auch insofern von Bedeutung, als zuletzt Bewegung in diese Diskussion gekommen ist und sich auch innerhalb der Notenbank die Stimmen mehren, die sich etwa für eine Neujustierung des Inflationsziels starkmachen.Williams ist vor diesem Hintergrund ein besonders interessanter Kandidat. Als langjähriger Forschungsdirektor der Fed in San Francisco unter seiner damaligen Chefin Janet Yellen ist er ein Weggefährte der scheidenden Notenbankchefin und steht insofern für Kontinuität in der Notenbankpolitik. Vor diesem Hintergrund und mit einem Ph.D. in Ökonomie der Universität Stanford bringt er auch die wissenschaftlichen Meriten mit, um die anstehende Diskussion über die Grundlagen der Notenbankpolitik an der Seite von Powell dirigieren zu können. Zum wissenschaftlichen Arbeitsnachweis von Williams gehören außerdem Forschungspapiere, die er zusammen mit dem Ökonomen John Taylor verfasst hat, was die konservativen Kreise freuen dürfte, die Taylor als Nachfolger von Yellen für die Fed-Spitze favorisiert hatten. Fürsprecher flexibler ZieleErst im November hat sich Williams dafür ausgesprochen, anstelle eines festen Inflationsziels ein längerfristiges Ziel für das Preisniveau festzuschreiben, das ein temporäres Überschießen der Teuerung erlaubt, wenn die Inflation wie zuletzt über einen langen Zeitraum unter der angepeilten Dynamik geblieben ist. “Ich denke, wir müssen ernsthaft darüber nachdenken, wie wir das oder eine Kombination von beidem umsetzen, um besser auf den nächsten Sturm vorbereitet zu sein”, sagte Williams damals. Seine Nominierung wäre ein starkes Zeichen dafür, dass die Notenbank ihr seit 2012 offiziell kommuniziertes Inflationsziel entsprechend anpassen könnte.Vor wenigen Tagen erklärte auch Williams’ Kollege aus New York, William Dudley, dass er ein transitorisches Überschießen der Inflation auf mehr als 2 % nicht als problematisch ansieht. Sowohl Dudley als auch Williams sind in diesem Jahr im Offenmarktausschuss der Fed stimmberechtigt. Während der Chef der New Yorker Notenbank, die anders als die anderen Fed-Regionalbanken permanent im FOMC vertreten ist, seinen Posten im Laufe dieses Jahres abgibt, könnte Williams schon bald in anderer Funktion zum festen Bestandteil des Gremiums werden, sofern er als Gouverneur berufen wird. Berater von Bill ClintonSeine Karriere bei der US-Notenbank startete der aus Sacramento stammende Williams 1994 in Washington, wo er von 1999 bis 2000 als Mitglied des Council of Economic Advisers für den damaligen Präsidenten Bill Clinton tätig war. Zurück an die Westküste ging es im Jahr 2002, wo er eine Forschungsstelle bei der Federal Reserve Bank San Francisco antrat und eine Lehrtätigkeit in Stanford aufnahm. Als der damalige US-Präsident Barack Obama acht Jahre später anfragte, ob die Chefin der Fed-Zweigstelle, Janet Yellen, für den Posten als Vice-Chair im Board of Governors zur Verfügung stehe, übernahm Williams im März 2011 die Leitung der Notenbankfiliale. Vor seinem Doktorat in Stanford studierte er in Berkeley und London.