Weidmann dringt auf Ende von QE

Bundesbankchef sieht Inflation auf Weg in Richtung 2 Prozent - Teuerung in Deutschland geht zurück

Weidmann dringt auf Ende von QE

Die Bundesbank hat ihren Geschäftsbericht für 2017 vorgelegt. Der Gewinn wurde mehr als verdoppelt. Bundesbankchef Jens Weidmann nutzte die Vorstellung erneut zu grundsätzlichen Einschätzungen – vor allem zur EZB-Politik. ms Frankfurt – Trotz einer unerwartet deutlichen Abschwächung der Inflation in Deutschland im Februar hat Bundesbankpräsident Jens Weidmann seine Forderung nach einem Ende der EZB-Anleihekäufe in diesem Jahr untermauert – und zugleich signalisiert, dass sich der EZB-Rat in diese Richtung bewegt. Weidmann, der als künftiger EZB-Präsident ab Ende 2019 gehandelt wird, sagte gestern bei der Vorstellung des Bundesbank-Geschäftsberichts 2017 zudem, dass Markterwartungen für erste Zinserhöhungen im Jahr 2019 durchaus “plausibel” seien.”Wenn der Aufschwung weiter anhält und die Preise entsprechend steigen, gibt es aus meiner Sicht keinen Grund, warum der EZB-Rat die Nettokäufe von Wertpapieren in diesem Jahr nicht beenden sollte”, sagte Weidmann. Zudem sagte er, dass man die Protokolle der Sitzungen so lesen könne, dass es dann, wenn sich Wachstum und Inflation wie erwartet entwickelten, keinen Grund gebe, kein Enddatum für die Anleihekäufe (Quantitative Easing, QE) anzukündigen. Erst nach Ende der Käufe will der EZB-Rat Zinserhöhungen erwägen.Weidmanns Aussagen kommen unmittelbar vor einer wichtigen Sitzung des EZB-Rats nächste Woche Donnerstag. Die Notenbankvolkswirte legen dann auch neue Projektionen für Wachstum und Inflation vor. Mit Spannung wird erwartet, ob der Rat seine Kommunikation ändert oder zumindest Hinweise in die Richtung gibt. Eine Änderung der Kommunikation gilt als Vorbedingung dafür, die Anleihekäufe zu beenden, die bis Ende September beschlossen sind – mit monatlich 30 Mrd. Euro.Am Wochenende hatte bereits das einflussreiche EZB-Direktoriumsmitglied Benoît Coeuré mit Aussagen aufhorchen lassen, dass das Eurosystem seine Käufe inzwischen beenden könne, ohne dass es zu einem kräftigen Anstieg der langfristigen Marktzinsen kommen werde – wenn der EZB-Rat zugleich seinen Zinsausblick konkretisiere. EZB-Präsident Mario Draghi hatte dagegen am Montag im EU-Parlament eher zur Vorsicht gemahnt.Neue Inflationszahlen aus Deutschland bescherten gestern eher jenen im EZB-Rat neue Argumente, die vor voreiligen Schritten warnen. Gemäß dem für EU-Zwecke berechneten Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) lagen die Preise in Deutschland im Februar nur um 1,2 % höher als im Vorjahresmonat. Das ist der geringste Wert seit November 2016. Analysten hatten lediglich einen Rückgang von 1,4 % im Januar auf 1,3 % erwartet. Verantwortlich für den deutlicheren Rückgang war vor allem billigeres Benzin.Am heutigen Mittwoch legt Eurostat eine erste Schätzung für die Inflation im Euroraum vor. Volkswirte erwarten einen Rückgang von zuvor 1,3 % auf 1,2 %. Anders als in Deutschland legte die Inflation in Spanien im Februar aber überraschend stark von 0,7 % auf 1,2 % zu. Ökonomen hatten mit 0,9 % gerechnet. Weidmann zeigte sich gestern überzeugt, dass der binnenwirtschaftliche Preisdruck im Euroraum ansteige und diese Tendenz anhalten werde. In dem Kontext verwies er auch auf die hohen Lohnabschlüsse in der deutschen Metall- und Elektroindustrie: “Die gute wirtschaftliche Lage bestätigt die Überzeugung, die wir im EZB-Rat haben, dass sich die Teuerung dem Inflationsziel von unter, aber nahe 2 % annähern wird.” Die Zeit für ein QE-Ende sei deshalb reif, zumal die geldpolitische Unterstützung immer weniger von den Nettokäufen, sondern von einem ganzen Maßnahmenbündel abhänge, zu dem auch der hohe Stand der Notenbankbilanz, die Reinvestitionen und der Zinsausblick gehörten. Das müsse sich künftig in der Kommunikation widerspiegeln.Weidmann verwies darauf, dass sich an den Finanzmärkten aufgrund der Konjunkturdaten und der EZB-Kommunikation die Erwartung für erste Zinserhöhungen ab 2019 gebildet habe. Diese seien “nicht komplett unrealistisch”, sondern erschienen “plausibel”. Tatsächlich scheinen ein solches Szenario – Ende von QE bis Ende 2018 und erste Zinserhöhungen Mitte 2019 – auch in Notenbankkreisen viele zu teilen. Zugleich ist die Angst vor Marktturbulenzen groß.In einem Interview mit Bloomberg TV sagte Weidmann gestern, dass der Zinsausblick (“Forward Guidance”) aktuell noch recht “vage” sei und gestärkt werden könnte. Bislang verspricht der EZB-Rat, erst “weit” nach dem Ende der QE-Nettokäufe die Zinsen anzuheben. Der EZB-Rat könne konkreter werden, was “weit” heiße, sagte Weidmann. Tatsächlich wird in Notenbankkreisen aktuell intensiv diskutiert, wie viel Orientierung zum Zins die EZB bei einem Ende der Nettokäufe geben muss (vgl. BZ vom 27. Februar). Es gibt auch Notenbanker, die davor warnen, sich über Gebühr festzulegen.