Weidmann redet Koalition in spe ins Gewissen

Bundesbankchef fordert Reformen und widerspricht IWF-Kritik am Exportplus

Weidmann redet Koalition in spe ins Gewissen

ms Frankfurt – Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat weit reichende politische Reformen gefordert, um das Potenzialwachstum in Deutschland zu erhöhen und das Land für die Alterung der Gesellschaft zu wappnen. Auf einer hochrangig besetzten Konferenz von Bundesbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) in Frankfurt sprach sich Weidmann in dem Kontext gegen höhere Staatsausgaben aus und plädierte dafür, dass der Staat innerhalb des bestehenden Ausgabenrahmens weniger konsumiert und mehr investiert. Er verteidigte zudem erneut den deutschen Exportüberschuss.Weidmanns Aussagen kommen zu einer Zeit, da CDU, CSU und SPD um die künftigen Prioritäten einer möglichen Koalitionsregierung ringen. Das vorläufige Sondierungsergebnis fokussiert sich nach verbreiteter Einschätzung von Ökonomen und Wirtschaftsvertretern zu stark darauf, bestehende fiskalische Spielräume für neue soziale Ausgaben zu nutzen und zu wenig darauf, die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen und das Land zukunftsfest zu machen.Weidmann hatte bereits vorige Woche gemahnt, es solle “nicht nur über die Verteilung des vorhandenen Kuchens, sondern auch über die Vergrößerung desselben gesprochen werden”. Gestern legte er nach und warnte, dass ohne “umfangreiche politische Maßnahmen” ein erheblicher Rückgang des Potenzialwachstums drohe. Grund sei vor allem die Alterung, die ab 2020 richtig zu Buche schlagen werde. Weidmann sprach sich etwa dafür aus, das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung zu koppeln.Die gute Wirtschaftslage in Deutschland spreche gegen eine expansive Fiskalpolitik, sagte Weidmann. Nötig sei vielmehr eine Verschiebung vom staatlichen Konsum zu staatlichen Investitionen. Er wandte sich auch erneut gegen internationale Forderungen, Deutschland solle mittels höherer Ausgaben seinen hohen Leistungsbilanzüberschuss eindämmen. IWF-Chefin Christine Lagarde erneuerte diese Forderungen auf der Konferenz erneut. “Weder sind Defizite noch Überschüsse per se schlecht”, sagte Weidmann. Mit Blick auf die Alterung der deutschen Gesellschaft sei ein Überschuss angemessen. Zudem würden höhere Ausgaben in Deutschland kaum die erhofften positiven Ausstrahleffekte auf andere Länder haben.—– Bericht Seite 7