Weidmann warnt vor zu später EZB-Kehrtwende

Bundesbankpräsident erwartet mittelfristig mehr Inflationsdruck - 2018 verschiedene Optionen für QE

Weidmann warnt vor zu später EZB-Kehrtwende

ms Frankfurt – Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat davor gewarnt, den richtigen Zeitpunkt für den Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik im Euroraum zu verpassen. In Hamburg sagte Weidmann am Freitag zwar, dass die Unsicherheit über die zukünftige Inflationsentwicklung derzeit “recht groß” sei. Deswegen wolle der EZB-Rat die Lage “in Ruhe bewerten”. Zugleich mahnte Weidmann aber, dass der Rat achtgeben müsse, “den richtigen Zeitpunkt zum Handeln nicht zu versäumen”.Der EZB-Rat hatte am Donnerstag eine Grundsatzentscheidung über die ultralockere Geldpolitik und insbesondere die breiten Anleihekäufe (Quantitative Easing, QE) im Jahr 2018 erwartungsgemäß auf Oktober vertagt. Die nach wie vor gedämpfte Inflation sorgt viele Notenbanker. Zusätzliche Unsicherheit hat die jüngste rasante Aufwertung des Euro hervorgerufen, die etwa über die Importpreise die Inflation weiter drückt.Weidmann räumte nun ein, dass laut den neuesten EZB-Projektionen der Inflationsanstieg “nur schleppend verlaufen wird” und die Unsicherheit groß sei. Gleichzeitig habe aber der Aufschwung an Dynamik und Breite gewonnen – “was sich auch in einem zunehmenden Preisdruck niederschlagen wird”. Für 2019 sagen die EZB-Volkswirte jetzt 1,5 % Inflation voraus. Für 2020 sagte Draghi, dass er erwarte, dass sich die Rate dem Ziel von unter, aber nahe 2 % weiter annähern werde.Vor der Sitzung hatte Weidmann im Interview der Börsen-Zeitung für einen “zügigen” Ausstieg aus den Anleihenkäufen geworben (vgl. BZ vom 24. August) – eine der ganz wenigen Wortmeldungen vor dem Treffen.Aktuell sind die Käufe von monatlich 60 Mrd. Euro bis Ende 2017 angesetzt. Ein abruptes Ende hat die EZB stets ausgeschlossen. Klar scheint aber auch im EZB-Rat, dass es nicht unverändert mit 60 Mrd. Euro weitergehen kann – weil sich die Lage bessert, aber auch weil QE zunehmend an selbst gesetzte Grenzen wie etwa die Kaufobergrenze von 33 % je Anleihe und Emittent stößt. Das gilt vor allem für Bundesanleihen.Nach der Sitzung am Donnerstag hatte Draghi gesagt, es seien verschiedene Szenarien diskutiert worden mit Blick auf Länge und Umfang des Programms. Wie die Börsen-Zeitung bereits zuvor berichtet hatte, kursieren in Notenbankkreisen unterschiedliche Modelle (vgl. BZ vom 5. und 6. September). An den Märkten herrscht verbreitete Erwartung, dass die Käufe ab Januar 2018 auf 40 Mrd. Euro sinken und für sechs Monate verlängert werden. In Notenbankkreisen gibt es aber durchaus auch Zweifel, ob das ohne Probleme durchzuhalten wäre. Wie berichtet ist es etwa eine andere Option, das monatliche Volumen deutlich stärker zu reduzieren, auf 30 Mrd. Euro oder noch weniger, QE dafür aber für einen längeren Zeitraum, etwa für neun Monate, zu verlängern. Diese Variante hätte aus Sicht vieler Notenbanker einige Vorteile: Zum einen könnte die zeitliche Streckung das Knappheitsproblem mindern. Zum anderen würde das zu Draghis früherem Versprechen einer “dauerhafteren Marktpräsenz” der EZB passen. Drittens würden damit Zinserhöhungen noch weiter in die Zukunft verschoben, da es diese erst “weit” nach QE-Ende geben soll. Eine solche Variante könnte auch ein denkbarer Kompromiss zwischen “Falken” und “Tauben” im Rat sein.Das Problem drohender Knappheiten könnte der EZB-Rat auch lösen, indem er etwa die Kaufobergrenze heraufsetzt. Die Zurückhaltung im Rat ist da aber offenbar groß. Draghi hatte gesagt, darüber sei nicht diskutiert worden – genauso wenig wie über eine Ausweitung von QE auf andere Assetklassen wie Aktien.