EZB VOR WEGWEISENDER SITZUNG - DIE LEITZINSEN

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Börsen-Zeitung, 10.9.2019 ms Frankfurt - Seit März 2016 liegen die Leitzinsen im Euroraum auf dem aktuellen Rekordtief von 0 % beim Leitzins und -0,4 % beim Einlagenzins. Nun aber dürfte es weiter nach unten gehen - zumindest beim Einlagenzins, der...

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ms Frankfurt – Seit März 2016 liegen die Leitzinsen im Euroraum auf dem aktuellen Rekordtief von 0 % beim Leitzins und -0,4 % beim Einlagenzins. Nun aber dürfte es weiter nach unten gehen – zumindest beim Einlagenzins, der wegen der hohen Überschussliquidität längst der wichtigere Leitzins ist. Selbst die Hardliner im EZB-Rat sind zu einer weiteren Zinssenkung bereit. Die große Frage ist nur, wie stark der Zins gesenkt wird.Im Juni 2014 hatte die EZB als erste der großen Zentralbanken einen ihrer Leitzinsen unter null gesenkt und ihn in vier Schritten von jeweils 10 Basispunkten auf -0,4 % geschleust. Lange Zeit galt das auch jetzt wieder als wahrscheinlichstes Szenario. Zuletzt aber haben Spekulationen auf 20 oder teils gar 30 Basispunkte zugenommen. Eine allzu drastische Reduzierung könnte aber auch als Krisensignal interpretiert werden. Zugleich ist nicht klar, wo die Untergrenze liegt – also jenes Niveau, ab dem Banken oder auch Unternehmen lieber Bargeld halten.Während eine weitere Reduzierung das Zinsniveau tendenziell senken und damit für lockerere Finanzierungsbedingungen sorgen würde, bedeutet es zugleich eine Erhöhung dieser Art “Strafgebühr” auf Bankeinlagen bei der EZB – was die Profitabilität der Institute belastet. Vor allem in Deutschland sind die Negativzinsen heftig umstritten. Zuletzt haben Banken gedroht, den Negativzins verstärkt an Sparer weiterzugeben.Die Euro-Hüter haben signalisiert, dass sie bei weiteren Zinssenkungen zugleich Maßnahmen beschließen dürften, um die schädlichen Folgen für Banken abzumildern. Eine Möglichkeit wäre ein Staffelzins (“Tiering”), wie ihn etwa auch die Bank of Japan eingeführt hat. Das hatte die EZB schon einmal erwogen, dann aber verworfen. Tatsächlich gilt es als kompliziert, vor allem wegen der Heterogenität des Bankenmarkts. Zudem ist die Überschussliquidität von rund 1,7 Bill. Euro sehr ungleich verteilt. Nach verschiedenen Berechnungen könnte die EZB 50 % bis 70 % der gegenwärtigen Überschussliquidität vom Negativzins ausnehmen, ohne dass der Geldmarktzins Eonia gegenüber dem Einlagensatz merklich höher tendieren würde.Eine Zinssenkung würde tendenziell den Euro abwerten lassen. Die EZB hat kein Wechselkursziel, aber sie hätte dagegen sicher nichts einzuwenden. Das könnte aber Ängste vor einem Währungskrieg schüren.