Weitere IWF-Hilfen für Argentinien

Kreditprogramm wird um sieben Milliarden aufgestockt, doch das Land ist noch lange nicht aus der Krise

Weitere IWF-Hilfen für Argentinien

Von Andreas Fink, Buenos AiresDer Internationale Währungsfonds (IWF) hat Argentinien weitere Finanzhilfen versprochen. Ein bereits im Mai zugesagter Kredit von 50 Mrd. Dollar werde um weitere 7,1 Mrd. Dollar aufgestockt, gab IWF-Generalsekretärin Cristine Lagarde am Mittwoch in New York bekannt. Gleichzeitig erlaubt es der Fonds ausdrücklich, dass die Regierung von Mauricio Macri in diesem und kommendem Jahr wesentlich mehr aus dem bis 2021 vereinbarten Darlehen zur Verfügung bekommt als im Vertrag vom Mai vorgesehen. Damit seien, so versicherte Argentiniens Finanzminister Nicolás Dujovne, sämtliche Zahlungsverpflichtungen seines Landes abgedeckt. Ein neuerlicher Staatsbankrott wie 2001 sei ausgeschlossen.Argentinien verpflichtete sich gegenüber dem Fonds auf eine strikte Fiskaldisziplin. Mithilfe neuer Steuern und erheblicher Einsparungen soll das Primärdefizit bereits im kommenden Jahr auf null gesenkt werden. Das bedeutet eine Reduktion der Staatsausgaben um mindestens 3 %. Der neue Vertrag – er ist bereits die 28. Finanzhilfevereinbarung zwischen dem Fonds und seinem auffälligsten Sorgenkind – sieht zudem vor, dass der Wechselkurs zwischen Peso und Dollar weitgehend variabel sein soll. Die Ökonomen aus Washington wollen nicht, dass die Notenbank weiter ihre Währungsreserven einsetzt, um die Nachfrage nach US-Devisen zu begrenzen. Seit Mai verlor die Notenbank durch Stützungskäufe etwa 15 Mrd. Dollar, also etwa ein Viertel ihrer Reserven.Am Dienstag trat Zentralbankchef Luis Caputo zurück, der nicht gewillt war, die Wechselkurse alleine den Marktgewalten zu überlassen. Dem neuen Zentralbankchef Guido Sandleris erlaubt der IWF-Vertrag Interventionen erst, falls der Wert des Dollar mehr als 15 % von seinem “natürlichen Kurs” (heute etwa 39 Pesos) ausschlägt. Allerdings darf die Notenbank maximal 150 Mill. Dollar Reserven pro Tag einsetzen. Viele Marktkenner schätzen das als unzureichend ein. De facto bleiben der Notenbank nur noch zwei Stellschrauben um einen neuen Ansturm auf den Dollar einzufangen: die Festsetzung des Leitzinses und die Emission. Allerdings liegt der Leitzins bereits seit August bei 60 % und verursacht massive Probleme für die argentinische Wirtschaft.Die neue Einigung verdeutlicht dreierlei. Erstens, Argentinien steckt seit April nicht in einem “Unwetter”, wie Präsident Macri das seit Monaten nennt, sondern in einer existenzbedrohenden Krise, die ohne die massive Intervention aus Washington erneut zu einem Staatsbankrott geführt hätte. Zweitens, der Währungsfonds ist Argentiniens einziger verbliebener Sponsor, die Märkte haben ihre Daumen längst gesenkt. Drittens, zumindest politisch hat Mauricio Macri noch Kapital. Der großzügige Deal hat nämlich einen mächtigen Schirmherrn: Donald Trump, der Macri seit gemeinsamen Immobiliendeals in den 1980er Jahren persönlich kennt, hat alles getan, was er nur tun konnte, ohne mit seiner eigenen “America First”-Agenda in Konflikt zu geraten. Nach dem Linksruck in Mexiko und vor einem möglichen Wahlsieg des Lula-Stellvertreters Haddad in Brasilien will Trump unbedingt einen Vertrauten in der Region retten. Und er will vermeiden, dass die Argentinier noch mehr Hilfe in Peking suchen. Vor zwei Tagen wurde bekannt, dass die Notenbanken beider Länder einen Währungstausch im Wert von 9 Mrd. Dollar vereinbart haben.Manche argentinische Kommentatoren fragen, ob ein radikales Sparprogramm im Wahljahr 2019 nicht einen direkten Anschub für die Rückkehr der Peronisten und womöglich gar der schwer korruptionsverdächtigen Ex-Präsidentin Cristina Kirchner bedeute. Andere stellen fest, dass die neue Einigung erstmals seit Beginn der Krise vor fünf Monaten eine klare Strategie zur Überwindung der akuten Probleme darstelle. Und alle Analysten sind sich einig, dass das 28. Hilfspaket aus Washington nicht das letzte sein wird. Denn selbst, wenn es gelingen sollte, Argentinien zu stabilisieren und den marktfreundlichen Macri an der Macht zu halten, wird das Land weitere massive Unterstützung benötigen.