Regierung Draghi

Weiterer Nachtragshaushalt in Italien

Premierminister Mario Draghi will einen neuen Nachtragshaushalt mit einer Neuverschuldung von mehr als 40 Mrd. Euro vorstellen.

Weiterer Nachtragshaushalt in Italien

bl Mailand

Der Waffenstillstand nach der Bildung einer Regierung der nationalen Einheit in Italien hat nur kurz gehalten. Angesichts wachsender sozialer Proteste sowie des zunehmenden Widerstands innerhalb der Regierung und aus den Regionen will Premierminister Mario Draghi einen neuen Nachtragshaushalt mit einer Neuverschuldung von mehr als 40 Mrd. Euro vorstellen. Zusätzlich soll es als Ergänzung zu den Mitteln aus dem Europäischen Wiederaufbauprogramm einen Fonds von 30 Mrd. Euro zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten und die Digitalisierung geben. Die Regierung hat gerade erst einen Nachtragshaushalt über 32 Mrd. Euro präsentiert.

Seit vielen Tagen demonstrieren Kleinunternehmer und Gastronomen im ganzen Land und blockieren Straßen mit Sitzstreiks. Sie fordern, ebenso wie Lega-Chef Matteo Salvini, dessen Partei Teil des Regierungsbündnisses ist, schnellere Öffnungen und mehr Hilfen. Zwar ist Draghi grundsätzlich zu vorsichtigen Öffnungen ab der kommenden Woche bereit. Doch Lockerungen stehen unter dem Vorbehalt der Eindämmung der Corona-Pandemie.

Die Regierung strebte 500000 Impfungen pro Tag an, musste aber zurückrudern. Der für die Impfungen zuständige General Paolo Figliuolo wäre nun nach eigener Aussage mit 315000 Impfungen zufrieden. Er dringt auf einheitliche Kriterien und will nach Altersklassen vorgehen. Damit stößt er bei einigen Regionalpräsidenten auf Widerstand. Der sozialdemokratische Regionalpräsident von Kampanien, Vincenzo De Luca, will etwa erst die Bevölkerung von Ferieninseln wie Capri, Procida und Ischia durchimpfen, um dort Tourismus zu ermöglichen. Das lehnen seine Kollegen in Venetien und Friaul-Julisch Venetien vehement ab. Sie drängen auf Gleichbehandlung.

Zwar sinken die Ansteckungszahlen. Doch die Todeszahlen liegen mit täglich 300 bis 600 Todesfällen sehr hoch, weil in einigen Regionen bei Impfungen eher Beziehungen eine Rolle spielten als das Alter.

Die anhaltende Pandemie bremst das Wachstum: Wirtschaftsminister Daniele Franco erwartet einen Wirtschaftseinbruch im ersten Quartal. Die Industrieproduktion ging im Februar laut Statistikamt Istat gegenüber Vorjahr um 0,6% zurück. Noch stärker dürfte der Einbruch im Dienstleistungssektor ausgefallen sein, der in Italien sehr stark ist. Der Industrieverband Confindustria hat seine Wachstumsprognose für 2021 von 4,8 auf 4,2% zurückgenommen.

Draghi will die Gemüter mit mehr Geld beruhigen. Damit dürften das Defizit auf mehr als 10% und der Schuldenstand auf 160% steigen.