Weltbank steht vor Veränderungen

Nachfolge von Jim Yong Kim umstritten - Schwellenländer wollen mehr Macht

Weltbank steht vor Veränderungen

det Washington – Mit dem überraschenden Rücktritt von Weltbankpräsident Jim Yong Kim scheint ein noch nie dagewesenes Tauziehen um die Spitze der weltgrößten Organisation zur Finanzierung von Entwicklungshilfeprojekten vorgezeichnet. Die Regierung von US-Präsident Donald Trump hat einerseits signalisiert, dass Washington an dem traditionellen amerikanischen Anspruch auf die Weltbankpräsidentschaft festhalten wird.Deutlich größerer Widerstand als 2012, damals hatte Präsident Barack Obama Kim zu seiner ersten Amtsperiode ernannt, wird diesmal von den Entwicklungsländern kommen. Sie beharren auf einem größeren Mitspracherecht bei der Entwicklungshilfeorganisation. Ganz gleich, wem der Chefsessel nun zuerkannt wird, steht die Weltbank sowohl vor organisatorischen als auch finanziellen Herausforderungen. Vorübergehend wird die Bulgarin Kristalina Georgieva die Geschäfte der 189 Mitglieder umfassenden Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (IBRD), wie die Weltbank formal heißt,übernehmen. Seit 2017 ist die Bulgarin, die unter anderem bei der Kommission Juncker für Haushalts- und Personalfragen zuständig war, CEO der Weltbank. Lange verweilen wird sie dort aber nicht. Wie es in einer offiziellen Erklärung hieß, freue sich US-Finanzminister Steve Mnuchin bereits auf die Gelegenheit, in Absprache mit anderen Ländern einen neuen Präsidenten zu ernennen.Das aber könnte Interessenkonflikte, die kein Geringerer als Kim selbst heraufbeschworen hat, wieder ans Tageslicht fördern. Auf Wunsch von Trumps Tochter Ivanka hatte er nämlich vergangenes Jahr die Bewilligung von 350 Mill. Dollar für eine Initiative beschleunigt, die Frauen zum Unternehmertum ermuntern soll. Prompt kam der Verdacht auf, der Weltbankpräsident lasse die Organisation manipulieren, um geschäftliche Interessen der Trump-Tochter zu fördern. Intern war er auch wegen umfassender Restrukturierungs- und Sparmaßnahmen umstritten. Als Gegenleistung für Einsparungen, und, wie Kritiker meinen, Kims Zusammenarbeit mit Ivanka, stimmte die Regierung trotz der allgemeinen Kritik des Präsidenten an internationalen Organisationen einer großzügigen Aufstockung des Weltbankbudgets zu. Armutsbekämpfung im FokusWährend seiner sechs Jahre als Präsident setzte sich der promovierte Mediziner Kim insbesondere für die Bekämpfung des Klimawandels ein. Im Fiskaljahr 2018 machte die IBRD Finanzierungszusagen im Wert von 23 Mrd. Dollar, unter anderem zur Bekämpfung von Küstenerosion, für die Förderung nachhaltiger Landwirtschaft und den Wohnungsbau in Entwicklungsländern. Zu den langfristigen Zielen zählen die Erreichung von mehr Einkommensgleichheit und bis 2030 die Reduktion der extremen Armut in der Weltbevölkerung auf 3 %. Obwohl die Weltbank bereits erkennbare Fortschritte bei der Armutsbekämpfung erzielt hat, sind einige der am stärksten betroffenen Staaten überzeugt, dass ein Vertreter aus einem Schwellen- oder Entwicklungsland das Vorankommen beschleunigen könnte. Folglich hatten bereits 2012 Nigeria und Kolumbien Kandidaten ins Gespräch gebracht, die aber gegen den amerikanischen Anspruch auf den Posten letztlich chancenlos waren.Scott Morris vom Center for Global Development erwartet, dass der Widerstand gegen den amerikanischen Anspruch auf die Präsidentschaft nun deutlich größer sein wird. “Wir schreiben nicht mehr das Jahr 1944, als die USA als unumstrittener Co-Architekt und wichtigster Geldgeber angesehen wurden”, sagt der frühere Abteilungsleiter im US-Finanzministerium. Für andere Staaten werde es immer frustrierender, den kaum angefochtenen amerikanischen Führungsanspruch zu akzeptieren.