VOR DER ZINSWENDE

Wenig Sorge vor einem zweiten "Taper Tantrum"

Schwellenländer auf Zinswende gut vorbereitet

Wenig Sorge vor einem zweiten "Taper Tantrum"

Von Julia Wacket, FrankfurtDie Zinsnormalisierung in den USA schreitet voran. In vielen Schwellenländern indes würde man die von der US-Notenbank avisierten weiteren Zinserhöhungen wohl lieber noch etwas hinauszögern. Zu tief sitzt der Schock von 2013, als das “Taper Tantrum”, ausgelöst durch Aussagen des damaligen Fed-Chefs Ben Bernanke über eine Reduzierung der Anleihekäufe, zu starkem Anziehen der Anleihenrenditen an den Finanzmärkten führte. Einige sorgen sich vor einer Dollar-Aufwertung aufgrund von steigenden Zinsen in den USA oder Gewinnverlagerungen durch die US-Steuerreform. Ein stärkerer Dollar könnte die Rückzahlungen der Schulden der Schwellenländer durch höhere Schuldendienstkosten deutlich erschweren und die Kreditrisiken erhöhen. Kapital könnte bei höheren US-Zinsen schnell in Richtung USA abfließen. Hausaufgaben erledigtDass 2018 ein neues 2013 werden könnte, damit rechnet aber kaum jemand. Die meisten Schwellenländer haben ihre fundamentale Lage seitdem deutlich verbessert: Die Leistungsbilanzdefizite haben sich in den vergangenen vier Jahren halbiert; der Anteil der in Fremdwährung laufenden privaten und öffentlichen Schulden ist ebenso zurückgegangen wie die Anzahl der Länder mit eng mit dem US-Dollar verbundenen Währungsregimen, und die Währungsreserven wurden aufgestockt.Zudem wurden die aktuellen Zinsanhebungen der Fed sehr vorsichtig vorbereitet. Höhere US-Renditen sind auch hauptsächlich auf steigende US-Wachstumsaussichten zurückzuführen und nicht auf überraschte Marktteilnehmer wie 2013. Bei einer vorsichtigen Zinsnormalisierung der Notenbanken, wie sie auch die Europäische Zentralbank anvisiert, dürften die Anpassungskosten für die Schwellenländer begrenzt sein.Die am meisten gefährdeten Schwellenländer sind generell diejenigen mit hohem Finanzierungsbedarf, die stark von Kapitalflüssen abhängen, und solche mit großen auf Dollar lautenden Verbindlichkeiten. Für sie könnte eine erneute Aufwertung des US-Dollar problematisch werden. So haben Russland oder die Türkei nach wie vor schwache Währungen und hohe Inflationsraten. Auch in Südafrika sind die Währungsreserven niedriger als der Bedarf für den US-Dollar-Schuldendienst.Besonders der Unternehmenssektor ist in vielen Schwellenländern oft immer noch sehr hoch verschuldet. Daher sollte der Schuldenabbau in diesen Ländern weiter zügig vorangetrieben werden. Zusätzlich zu der Zinswende sind es aber auch die hausgemachten Probleme, politische und wirtschaftliche, die die Schwellenländer belasten – etwa Korruptionsskandale in Brasilien und Südafrika oder zu hohe Haushaltsdefizite.Viele der Entwicklungs- und Schwellenländer haben derweil mit der eigenen Zinswende begonnen. So hat die Bank of Korea – angesichts sich festigender Rohstoffpreise und einer Wirtschaft nah an der Vollbeschäftigung – im November zum ersten Mal seit sechs Jahren ihre Geldpolitik gestrafft. Allgemein gilt der südostasiatische Raum als sehr wachstumsstark: Der Handel erholt sich, und die Inflationsraten nähern sich ihren Zielwerten an. Weniger gut vorbereitet sind die Länder im Nahen Osten und in Afrika, in denen fallende Rohstoffpreise – oft die Haupteinnahmequelle der Länder – große Finanzierungsrisiken bergen.