Weniger Regelinsolvenzen im Frühjahr
Weniger Regelinsolvenzen im Frühjahr
Größte Häufigkeit bei Verkehr und Lagerei – Weniger Neugründungen größerer Betriebe – Mehr Gewerbeaufgaben
Im Februar ist die Zahl der Firmenpleiten in Deutschland noch gestiegen. Da im April aber weniger Regelinsolvenzen beantragt wurden, zeichnet sich ein Rückgang ab. Allerdings können von diesem positiven Trend nicht alle Branchen profitieren, mahnen Experten. Im Gesamtjahr dürften sich die Fallzahlen normalisieren.
ba Frankfurt
Für April zeichnet sich nach kräftigen Anstiegen in den beiden Vormonaten eine Beruhigung des Insolvenzgeschehens in Deutschland ab. Experten erwarten allerdings weiterhin steigende Fallzahlen für den weiteren Jahresverlauf, allerdings im Rahmen einer Normalisierung – von der lange befürchteten Insolvenzwelle sei weiterhin nichts in Sicht, heißt es allenthalben.
Allerdings stellt sich die Lage in den einzelnen Branchen sehr heterogen dar. Und bei der Wirtschaftsauskunftei Creditreform heißt es, dass die Trendwende bei den Insolvenzen in den Betrieben erreicht sei. „Die Schere zwischen Unternehmen, die sehr gut durch die Krise gekommen sind und durch weitere Krisen kommen, und Unternehmen, die sehr schlecht und angeschlagen durch die Krise gehen, ist weiter auseinandergegangen”, sagte Creditreform-Experte Patrick-Ludwig Hantzsch mit Blick auf Eigenkapitalstrukturen und Kapitaldienstfähigkeit der Unternehmen. Ein ähnliches Bild zeigt auch das Gründungsgeschehen im ersten Quartal – die Gesamtzahl der Gewerbeanmeldungen nahm zwar binnen Jahresfrist zu, die der vollständigen Gewerbeaufgaben allerdings auch.
Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) ist die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen hierzulande im April um 14,1% zum Vormonat gesunken. Für Februar und März hatten die Wiesbadener Statistiker noch Zuwächse von 10,8% beziehungsweise 13,2% gegenüber dem jeweiligen Vormonat ausgewiesen. Allerdings werden die Verfahren erst nach der ersten Entscheidung des Insolvenzgerichts in der Statistik berücksichtigt – der tatsächliche Zeitpunkt des Insolvenzantrags liegt Destatis zufolge in vielen Fällen annähernd drei Monate davor.
So haben die deutschen Amtsgerichte im Februar 1.362 beantragte Unternehmensinsolvenzen gemeldet. Das sind 20,3% mehr als im Vorjahr. „Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen nimmt bereits seit August 2022 kontinuierlich zu“, betonten die Statistiker. Auch die voraussichtlichen Forderungen der Gläubiger steigen sukzessive. Die Amtsgerichte bezifferten diese Forderungen aus den im Februar gemeldeten Unternehmensinsolvenzen auf knapp 3,2 Mrd. Euro. Im Februar 2022 hatten die Forderungen bei rund 1,1 Mrd. Euro gelegen.
Bau am stärksten betroffen
Wie schon in den vergangenen Monaten gab es auch im Februar die meisten Unternehmensinsolvenzen im Baugewerbe mit 237 Fällen, das sind 15% mehr als im Vorjahr. Die Baubranche leidet nicht nur unter den gestiegenen Material- und Energiekosten sowie dem Fachkräftemangel, sondern auch unter den sich verschärfenden Kreditvergabestandards infolge des beispiellosen Zinserhöhungszyklus der Europäischen Zentralbank (EZB). Auf Platz 2 mit 234 Verfahren folgte der Handel (einschließlich Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen), der im Vorjahr 51% weniger Insolvenzen verzeichnet hatte.
Mit neun Fällen je 10.000 Unternehmen entfielen die meisten Unternehmensinsolvenzen im Februar auf den Wirtschaftsabschnitt Verkehr und Lagerei. Mit je sechs Fällen folgten die Bereiche Baugewerbe, Gastgewerbe und sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen.
Christoph Niering, Insolvenzverwalter und Vorsitzender des Berufsverbandes der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID), verwies darauf, dass „das veränderte Konsumverhalten, erhöhte Zinsen, hohe Inflationsraten und der Fachkräftemangel“ besonders den stationären Einzelhandel, die Baubranche, aber auch das Gesundheitswesen belaste. „Die aktuelle Insolvenz der Klingel-Gruppe zeigt, dass diese Faktoren zunehmend auch auf den Online-Handel durchschlagen“, erklärte Niering.
Gerade im Gesundheitswesen, besonders in der privat finanzierten Altenpflege, komme es seit dem Jahreswechsel zu einer deutlich erhöhten Insolvenzzahl. „Steigende Finanzierungskosten und der Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte sind neben veränderten regulatorischen Rahmenbedingungen die Hauptursachen der insolvenzbedingten Marktaustritte“, heißt es beim VID.
Bei den rund 208.600 Gewerbeanmeldungen, die Destatis im ersten Quartal verzeichnete, also den Neugründungen von Gewerbebetrieben, Betriebsübernahmen, Umwandlungen und Zuzügen aus anderen Meldebezirken, stellen die rund 33.100 Betriebe, deren Rechtsform und Beschäftigtenzahl auf eine größere wirtschaftliche Bedeutung schließen lassen, die kleinste Gruppe dar. Zudem waren es nicht nur 5,5% weniger als im Vorjahr, es gaben auch rund 28.900 Betriebe dieser Größenordnung auf. Das waren 12,3% mehr als im Vorjahr. Die Zahl neu gegründeter Kleinunternehmen legte hingegen mit rund 51.200 um 39,8% zu, mit rund 56.100 gaben aber mehr Firmen auf. Bei den Nebenerwerbsbetrieben ging es um 3,3% auf rund 88.300 aufwärts. Die Gesamtzahl der vollständigen Gewerbeaufgaben lag mit rund 141.900 um 16,8% über dem Vorjahresniveau.