Wenigstens über Gas herrscht Einigkeit

Moskau und Kiew vereinbaren "Winterpaket" - Spannungen bleiben

Wenigstens über Gas herrscht Einigkeit

fed Brüssel – Die Beziehungen zwischen der Ukraine und Russland bleiben – nicht zuletzt wegen der von den Separatisten angesetzten Wahlen in der Ostukraine – angespannt. Immerhin bei einem Dauerstreitthema aber gibt es Entspannung. Die Gefahr, dass die Ukraine im Winter in Energieversorgungsnöte gerät, ist weitgehend gebannt – und damit auch das Risiko für den Westen, dass sich die Ukraine an russischen Gaslieferungen nach Westeuropa vergreift. Die Bürger in den Staaten der EU und den Nachbarländern wie der Schweiz müssten nun nicht mehr Versorgungsengpässe in den kommenden Monaten befürchten, erklärte EU-Kommissar Günther Oettinger nach Abschluss der Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine am Freitag. Für Oettinger war es eine Einigung in quasi letzter Sekunde. Denn der Deutsche wechselte Stunden später die Abteilung – der bisherige EU-Energiekommissar ist künftig für Fragen der digitalen Wirtschaft zuständig. Preisabschlag um 100 DollarIn Brüssel verständigten sich die Energieminister sowie die Chefs der beiden führenden Energiekonzerne Russlands und der Ukraine unter Vermittlung Oettingers auf ein “Winterpaket”. Schon mit dem Namen kommt zum Ausdruck, dass die Verabredungen lediglich für die kalten Monate gelten und nicht auf Dauer. Festgelegt wurde, dass die Ukraine ab sofort bis Ende März russisches Gas zu einem Preis von 385 Dollar pro 1 000 Kubikmeter beziehen kann – oder sogar ein wenig billiger, wenn sich die Ölpreise entsprechend entwickeln. Dieser Tarif, der ungefähr 300 Euro pro 1 000 Kubikmetern entspricht, liegt 100 Dollar unter dem Preis, den Russland bislang von der Ukraine gefordert hat.Im Gegenzug zu diesem Abschlag hat Kiew zugesagt, einen Teil der Altschulden noch in diesem Jahr zu bezahlen. In wenigen Tagen will die ukrainische Naftogaz 1,45 Mrd. Dollar an den russischen Wettbewerber Gazprom überweisen. Vor Jahresende soll eine zweite Tranche von 1,65 Mrd. Dollar folgen. Dabei könnte die Ukraine zur Finanzierung auf einen exakt 3,1 Mrd. Dollar schweren Sonderposten in den bereits bewilligten Hilfsprogrammen von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Union zurückgreifen. Keine direkte EU-GarantieOettinger stellte auf Nachfragen klar, dass die EU nicht den russischen Wünschen nach finanziellen Garantien für die Bezahlung ukrainischer Altschulden oder der Vorkasse für Neulieferungen entsprochen habe. Er erkenne aber keine Probleme, dass die Ukraine das nötige Geld aufbringe. So hätten IWF und EU dem wirtschaftlich angeschlagenen Land ja bereits Hilfen zugesagt und noch 2014 würden zwei weitere Teilzahlungen für Kiew freigegeben, die den ukrainischen Haushalt stärkten. Im nächsten Jahr könne die Ukraine zudem von weiterer Unterstützung ausgehen. Hinzu kämen Eigeneinnahmen von Naftogaz, auch für Dienste rund um die Durchleitung von russischem Gas in den Westen.Der ukrainische Energieminister Juri Prodan gab sich überzeugt, dass sein Land die finanziellen Kapazitäten haben werde, Altschulden zu zahlen und Vorkasse für “bis zu 4 Mrd. Kubikmeter” Gas zu leisten. Prodans russischer Amtskollege Alexander Nowak betonte, sein Land sei stets ein zuverlässiger Lieferant von Gas gewesen – und werde das auch künftig sein. Der scheidende EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso unterstrich die Bedeutung des Gas-Deals über die reinen Versorgungsfragen hinaus. Dieser werde dazu beitragen, das Vertrauen zwischen beiden Nachbarn zu stärken, sagte Barroso.