Wenn Dollar & Co. zur Waffe werden
Der Handelskonflikt zwischen den USA und China hat eine neue Eskalationsstufe und den Devisenmarkt erreicht. Das schürt Sorgen vor einem Währungskrieg, der das Weltfinanzsystem in eine Krise und die Weltwirtschaft in eine Rezession stürzen könnte. Die 1930er Jahren gelten als abschreckendes Beispiel.Von Mark Schrörs, FrankfurtSeitdem der Handelsstreit zwischen den USA und China tobt und sich immer weiter zuspitzt, gibt es weltweit eine große Angst: dass sich der Konflikt auch noch ausweitet auf den Devisenmarkt. Oder anders, etwas zugespitzt formuliert: dass der Handelskrieg in einen Währungskrieg mündet. Als abschreckendes Beispiel gelten die 1930er Jahre, als ein globaler Abwertungswettlauf nebst einer breiten Protektionismuswelle die wirtschaftlichen Probleme weltweit noch verschärfte und das alles in der Großen Depression mündete.Entsprechend alarmiert zeigten sich viele Verantwortliche in den vergangenen Monaten stets, wenn es um diese Gefahr ging. “Ein Währungskrieg würde wie ein Handelskrieg nur Verlierer hervorbringen”, sagte etwa der Chef der Zentralbank der Zentralbanken BIZ, Agustín Carstens, im Interview der Börsen-Zeitung (vgl. BZ vom 23.5.2018). “Währungsmanipulator”Zuletzt aber schien die Gefahr eines Währungskriegs immer realer zu werden – und wieder sind es die beiden weltweit größten Volkswirtschaften, die im Fokus stehen: Nachdem US-Präsident Donald Trump überraschend angekündigt hatte, die Strafzölle auf fast alle China-Importe auszuweiten, schlug Peking zurück und ließ die Landeswährung Yuan kräftig abwerten. Das wiederum veranlasste die USA, China erstmals seit 25 Jahren offiziell als “Währungsmanipulator” zu brandmarken.Bereits zuvor hatten die wichtigsten Zentralbanken der Welt Ängste vor einem Abwertungswettlauf geschürt. Als Reaktion auf die anhaltenden Handelskonflikte und das schwächere globale Wachstum überboten sie sich fast mit expansiven Signalen: Die US-Notenbank Fed senkte zum ersten Mal seit 2008 ihren Leitzins und die Europäische Zentralbank (EZB) steuert auf eine umfassende Lockerung ihrer schon sehr expansiven Geldpolitik im September zu. Fed und EZB betonen zwar gebetsmühlenartig, kein Wechselkursziel zu verfolgen. Aber natürlich spielen die Wechselkurse in den Überlegungen eine zentrale Rolle.US-Präsident Trump seinerseits hat seit seinem Amtsantritt keinen Zweifel gelassen, dass er ein Interesse an einem schwächeren Dollar hat. “Der starke Dollar killt uns”, sagte er Anfang 2017. Immer wieder warf er China, Japan oder auch Europa vor, die jeweiligen Landeswährungen zu manipulieren. Zuletzt hat er den Ton aber noch einmal verschärft und selbst direkte Devisenmarktinterventionen nicht ausgeschlossen.Trump hätte die Möglichkeit, gegen eine unerwünschte Dollar-Stärke vorzugehen. Formal ist das US-Finanzministerium zuständig und das Treasury verfügt über einen, in den 1930er Jahren geschaffenen Geldtopf für Interventionen, den Exchange Stabilization Fund (ESF). Darin befinden sich aktuell angeblich knapp 95 Mrd. Dollar. Das ist zwar wenig im Vergleich zu den rund 5 Bill. Dollar, die täglich am Devisenmarkt gehandelt werden. Aber für eine Drohkulisse reicht es allemal, und wenn Trump noch die Fed für seine Zwecke einspannt, würde das die Feuerkraft deutlich erhöhen.Zugleich hat Trump aber das Problem, dass die aktuelle Stärke des Dollar viel damit zu tun hat, dass die US-Wirtschaft im Vergleich zu anderen Volkswirtschaften besser dasteht und die US-Zinsen höher sind. Zudem ist es auch gerade seine Handelspolitik, die den Greenback stärkt: Währungen von Ländern, denen Zölle drohen, werten tendenziell ab. Und schließlich besteht konkret mit Blick auf den Yuan die Schwierigkeit, dass dieser gar nicht so frei handelbar ist wie andere Währungen und fraglich ist, ob es überhaupt genug Yuan-Wertpapiere zu kaufen gäbe.Vor allem aber muss Trump sich auch fragen, ob er die Rolle des Dollar als unangefochtene Weltleitwährung wirklich zur Disposition stellen will. Dieser Status bietet ein “exorbitantes Privileg”: einen begünstigten Zugang zu Abnehmern für die eigenen Schuldtitel. Trump hat zudem bewiesen, dass sich die Finanzmarktdominanz des Dollar auch für politische Zwecke instrumentalisieren lässt – Stichwort: Iran-Sanktionen.Die Historie zeigt aber auch, dass unilaterale Deviseninterventionen wenig erfolgversprechend sind. Das sieht schon anders aus bei koordinierten Interventionen wie 1985 beim Plaza-Abkommen zur Stärkung des Dollar oder bei den Eingriffen zur Stützung des Euro im Jahr 2000. Aktuell dürfte Trump aber kaum auf Schützenhilfe zählen dürfen. China seinerseits hat mit der Yuan-Abwertung Anfang der Woche seine Muskeln spielen lassen und gezeigt, dass es im Notfall noch andere Waffen im Zollstreit hat. Den Manipulationsvorwurf hat Peking gleichwohl zurückgewiesen. Tatsächlich hat China zuletzt wohl eher eine stärkere Abwertung statt eine Aufwertung verhindert. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat dem Land unlängst attestiert, dass der Yuan mehr oder weniger in Einklang mit dem angemessenen Wert notiere.Peking muss aber aufpassen, dass eigene Vergeltungsschritte nicht auf die Volksrepublik zurückschlagen. 2015 führte eine deutliche Yuan-Abwertung zu einer gefährlichen Kapitalflucht. Die Verantwortlichen mögen sich heute dank strikterer Regulierung besser gewappnet fühlen als 2015. Zudem verfügt das Land über Devisenreserven von mehr als 3 Bill. Dollar. Aber die Volksrepublik ist ganz sicher nicht unverwundbar. Eine starke Dollar-Aufwertung könnte auch viele chinesische Unternehmen vor große Probleme stellen. Laut Bloomberg-Daten hat sich Chinas Dollar-Verschuldung seit Ende 2015 auf rund 730 Mrd. Dollar verdoppelt.Für beide Länder steht viel auf dem Spiel. Es bleibt also zu hoffen, dass am Ende die Vernunft obsiegt. Klar ist jedenfalls: Ein Währungskrieg würde die US- und die Weltwirtschaft wohl definitiv in Richtung einer schweren Rezession stoßen.