Wenn Schweine fliegen
Theresa May hat “Tina” exhumiert, das Lieblingsargument ihrer Vorgängerin Margaret Thatcher: There is no alternative. Die Briten hätten nun einmal nur die Wahl zwischen dem in ihrem Namen von der Verwaltung ausgehandelten Deal oder dem Sturz in eine bodenlose Finsternis. Mit dem Gerede von der Alternativlosigkeit appelliert sie ungeniert an die Brexit-Müdigkeit ihrer Mitbürger. Die von Außenminister Jeremy Hunt entdeckten “Bobs” (Bored of Brexit) sollen ihr die Mehrheit im Unterhaus verschaffen. Die Briten wollten nicht noch mehr Zeit darauf verschwenden, über den EU-Austritt zu streiten, lautet Mays zentrales Argument. Schluss damit. Lasst es uns zu Ende bringen. Die Leute haben ein für alle Mal genug davon. Für alle, die das Thema endlich vom Tisch haben wollen, ist das sicher eine bessere Form der Ansprache als eine weitere Runde apokalyptischer Prophezeiungen für den Fall, dass der Austrittsvertrag niedergestimmt wird. Eine entschlossene, moderate Frau aus dem Volke, die im nationalen Interesse handelt – so präsentiert sich May gerne. Ihre Gegner werden als einerseits opportunistische, andererseits von Fanatismus und allgemeiner Menschenfeindlichkeit getriebene Eton-Absolventen dargestellt. Bis zu den ersten Berichten über russische Versuche, das Votum im Unterhaus im Dezember zu beeinflussen, kann es nicht mehr lange dauern. Aber May hat die Rechnung ohne die “Pams” (People against May) gemacht. Und davon gibt es nicht gerade wenige. *Die jüngsten Brexit-Szenarien der Bank of England brachten den konservativen Finanzpolitiker Jacob Rees-Mogg dazu, seine Bibelfestigkeit zu demonstrieren: “Vor dem Referendum wurde uns die Froschplage angedroht. Nun warnen sie vor dem Tod der Erstgeborenen”, sagte der Chairman der European Research Group. Beide gehören zu den zehn Plagen, mit denen der Gott Israels den ägyptischen Pharao strafte, weil er sein Volk nicht ziehen lassen wollte. “Die Bank of England hat sich von der Unglaubwürdigkeit zur Hysterie entwickelt.” Der ehemalige Geldpolitiker Andrew Sentance sagte ganz profan, die Notenbank werde ihren Leitzins nur so stark anheben wie im No-Deal-Szenario, wenn Schweine fliegen. *Wer sich trotz des vielerorts prophezeiten Untergangs der Britischen Inseln noch Sorgen um sein Äußeres macht, kann sich seit neuestem bei der Drogeriemarktkette Superdrug nicht nur die Nägel lackieren, sondern auch eine Botox-Spritze setzen lassen. Zwar ist die Zahl der Schönheitsoperationen dem Verband der Fettabsauger und Brustvergrößerer zufolge zurückgegangen, die Zahl der nichtchirurgischen Behandlungen stieg jedoch rasant. Während Botox verschreibungspflichtig ist, unterliegt das Lippenaufspritzen keinerlei Regulierung. Frisöre und Nagelstudios sind mit Eifer dabei. Tausende unqualifizierte Kräfte verabreichen Faltenspritzen, sagt Ashton Collins, Director bei Save Face, einem freiwilligen Register für qualifizierte Kräfte. Im vergangenen Jahr seien 934 Beschwerden eingegangen, 83 % davon über nicht medizinisch ausgebildete Faltenwegspritzer, von denen die große Mehrheit zudem über keinerlei Erfahrung in dieser Branche verfügt habe.Die Gefallsucht des Menschen beschert ihnen glänzende Geschäfte. Botox, Hyalunronsäure und was man sonst noch dafür braucht, bestellen sie über das Internet im Ausland. Wer sich darauf einlässt, weiß nicht, was ihm wirklich gespritzt wird, denn gefälschte Medizinprodukte gibt es wie Sand am Meer. Botox sollte ohnehin nur durch ausgebildete Kräfte und in einer Umgebung verabreicht werden, in der auf mögliche Komplikationen schnell reagiert werden kann. Bei Superdrug kann man sich zumindest nicht einem Impuls folgend mal eben spritzen lassen. Es bedarf eines Termins und der Beratung durch eine qualifizierte Krankenschwester. Die British Association of Aesthetic Plastic Surgeons warnt gleichwohl davor, dass junge Menschen, die High-Street-Ketten mit Beauty-Produkten und -Therapien gleichsetzen, glauben könnten, Botox-Behandlungen seien risikofrei.