Widerstand gegen Hard Brexit
hip London – In Großbritannien hat der Widerstand gegen einen EU-Austritt ohne vorherige Übereinkunft mit Brüssel zugenommen. Mehr als 200 Abgeordnete unterschiedlicher Couleur appellierten an Premierministerin Theresa May, einen Brexit ohne Abkommen zu verhindern. Sie hoffen, auf diese Weise Arbeitsplatzverluste im verarbeitenden Gewerbe vermeiden zu können.Währenddessen legten Austrittsgegner um die Labour-Politikerin Yvette Cooper einen Zusatz zur Haushaltsgesetzgebung vor, der es der Regierung unmöglich machen würde, im Falle eines Hard Brexit steuerliche Veränderungen vorzunehmen. Zu den Unterstützern gehören prominente konservative Brexit-Gegner wie Nicky Morgan und Sarah Wollaston. Dem “Guardian” zufolge dürfte sich die Labour-Parteiführung hinter das Vorhaben stellen. Nun hängt alles davon ab, ob Speaker John Bercow den Zusatz zur Abstimmung zulässt. Gäbe es eine Mehrheit für den Zusatz, stünden May ähnliche Zustände wie in den USA ins Haus, wo der “Shutdown” nach dem Haushaltsstreit im Kongress auf Bundesebene zu weitgehender Handlungsunfähigkeit geführt hat. Der Streit um den Brexit macht May damit schon früher zu schaffen als gedacht, sollte die Abstimmung über den in ihrem Namen mit Brüssel ausgehandelten Austrittsvertrag doch erst am 15. Januar stattfinden. Bislang zeichnet sich keine Mehrheit für ihren Deal ab. Aber eine Verlängerung der Austrittsfrist nach Artikel 50 wird selbst von Kabinettsmitgliedern nicht mehr ausgeschlossen.Unterdessen führte das Verkehrsministerium unter dem Arbeitstitel “Operation Brock” ein Planspiel durch, bei dem ein aufgegebener Militärflugplatz in Kent als Auffangort für Lkw aus dem Ausland genutzt wurde. Weniger als 100 Fahrzeuge waren beteiligt. Dem Chef der Road Haulage Association zufolge müssten dort im Falle eines Hard Brexit 4 000 Lkw Platz finden. “Die Regierung macht zu spät zu wenig”, sagte er der BBC. Mit den Vorbereitungen hätte vor neun Monaten begonnen werden müssen.Seit dem Referendum haben 20 der 222 vom Wirtschaftsprüfer EY für seinen “Financial Services Brexit Tracker” beobachteten Finanzdienstleister die Verlagerung von Vermögenswerten aus Großbritannien “nach Europa” angekündigt. Nicht alle hätten Angaben zum Volumen gemacht. Die öffentlichen Ankündigungen summieren sich laut EY auf rund 800 Mrd. Pfund. Banken und Vermögensverwalter sind aus rechtlichen Gründen gezwungen, Teile ihres Geschäfts und der ihnen anvertrauten Assets an Standorte innerhalb der Staatengemeinschaft zu verlegen. Viele beschränken sich bei ihren Brexit-Planungen auf die zwingend erforderlichen Maßnahmen.