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Wie sich George Osborne politisch selbst versenkte

Von Andreas Hippin, London Börsen-Zeitung, 16.9.2017 Optisch entspricht George Gideon Oliver Osborne (46) ganz dem Bild eines Jungen aus gutem Hause. Der Spross einer der ältesten angloirischen Adelsfamilien erbt die 1629 von Charles I. geschaffene...

Wie sich George Osborne politisch selbst versenkte

Von Andreas Hippin, LondonOptisch entspricht George Gideon Oliver Osborne (46) ganz dem Bild eines Jungen aus gutem Hause. Der Spross einer der ältesten angloirischen Adelsfamilien erbt die 1629 von Charles I. geschaffene Baronet-Würde von Ballintaylor und Ballylemon. Mit seinen jüngsten Äußerungen über Premierministerin Theresa May, die er bereits nach ihrer Wahlschlappe im Juni als “wandelnde Tote” bezeichnet hatte, zeigte er jedoch ein eher würdeloses Gesicht. Mitarbeitern des von ihm geführten “Evening Standard” zufolge sagte Osborne, er werde nicht ruhen, bis May “zerstückelt in meinem Gefrierschrank” liege. Osborne, dem sein Quereinstieg in die Zeitungsbranche offenbar nicht nur Freunde eingebracht hat, dementierte die kolportierten Worte nicht. Der Tory-Hinterbänkler Jacob Rees-Mogg, der im 18. Jahrhundert einen guten Premierminister abgegeben hätte, sagte, es mache ihn traurig, dass Osborne von so viel Bitterkeit erfüllt sei. Die ebenfalls zum rechten Flügel der Konservativen gerechnete Nadine Dorries sprach von einem “Einblick, wie sein Verstand arbeitet und immer schon gearbeitet hat”. “Ziemlich außerordentlich”John Bercow, der Sprecher des britischen Unterhauses, nannte die Worte des von Premierministerin May im vergangenen Jahr gefeuerten Schatzkanzlers “ziemlich außerordentlich”. Politisch dürfte sich Osborne damit selbst versenkt haben. Ohne Unterstützer in der Partei ist eine Rückkehr nach Whitehall nur schwer vorstellbar.Nicht dass er seit seinem Abgang aus 11 Downing Street schlecht verdienen würde. Er berät den Vermögensverwalter Blackrock zu den Perspektiven der europäischen Politik, den Wirtschaftsreformen in der Volksrepublik China und anderen Themen, hält Reden und wurde als “Kissinger Fellow” vom McCain Institute in Washington gefördert. Hinter dem Institut steht die Familie des republikanischen Senators John McCain. Zudem gehören ihm 15 % der Premium-Tapetenfirma Osborne & Little. Private Banking, Skiurlaub in Klosters, Privatschulen für die Kinder – Osborne lebt seinen Wohlstand aus. Ausgebildet wurde er an der renommierten St. Paul’s School in London. Damit war die akademische Karriere in Oxford gewissermaßen programmiert. Wie der ehemalige Premierminister David Cameron und Außenminister Boris Johnson gehörte er in seiner Studienzeit dem Bullingdon Club an. Mit 23 wurde er Leiter der politischen Abteilung des Conservative Research Department, den Job hatte ihm ein Studienfreund vermittelt. Er arbeitete dann als Berater konservativer Abgeordneter wie William Hague, bis ihm der sichere Tory-Wahlkreis Tatton vermacht wurde.Mit 34 stand der Befürworter eines knallharten Thatcherismus vor der Wahl, dem Modernisierer Cameron die Führung streitig zu machen. Allerdings fehlt es dem Schwiegersohn von Lord Howell of Gildford, der 1979 dem ersten Thatcher-Kabinett angehörte, am Charisma, das einen populären Anführer ausmacht. Er wirkt meist eher blass und unnahbar. Nach Absprache mit seiner Frau verzichtete er darauf und wurde lieber Kandidat der Tories für das Amt des Schatzkanzlers. Fünf Jahre später übernahm er es.