Wirtschaft läuft Sturm gegen neues Strafrecht

"Lambrecht-Entwurf verfehlt sämtliche Ziele"

Wirtschaft läuft Sturm gegen neues Strafrecht

wf Berlin – Die Pläne von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) zur Einführung eines Unternehmensstrafrechts bekommen heftigen Gegenwind von der Wirtschaft und von Aktionärsschützern. Das Vorhaben “darf in der vorliegenden Form nicht weitergeführt werden”, fordern acht führende Verbände in ungewöhnlicher Vehemenz in einem Schreiben an die zuständigen Beamten im Bundesjustiz- und im Wirtschaftsministerium sowie an die Fachpolitiker im Bundestag. “In der vorliegenden Form lehnen wird das Gesetzesvorhaben ab.” Das Schreiben liegt der Börsen-Zeitung vor. Unterzeichner sind die Verbände der Arbeitgeber (BDA), der Industrie (BDI), die Kammern (DIHK), des Handels (HDE), der Familienunternehmer, der Unternehmensjuristen und Compliancemanager sowie das Deutsche Institut für Compliance.Die Stellungnahmefrist für die Wirtschaft zum Referentenentwurf des Ministeriums endet diese Woche. SPD und CDU/CSU im Bundestag hatten sich nach langem Ringen Ende April vorab über strittige Punkte geeinigt (BZ vom 24. April). Dies deutet darauf hin, dass aus dem Parlament kein Widerstand mehr zu erwarten ist. Umso heftiger verlangt die Wirtschaft nun, die Zeit bis zur Bewältigung der Coronakrise zu nutzen, um den Referentenentwurf grundlegend zu überarbeiten.Kern des Vorhabens ist, dass für Straftaten künftig Unternehmen geradestehen müssen, während es bisher die verantwortlichen Personen sind. Für die Wirtschaft führt der Titel “Gesetz zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft” jedoch in die Irre. Der Entwurf verfehle sämtliche Ziele, konstatieren die Verbände. Er weise grundlegende Mängel auf und setze falsche Anreize. Gerade rechtstreue Unternehmen würden unangemessen stark belastet. Ein Unternehmen mit nachweislich angemessener Compliance-Organisation sei ebenso sanktionsrechtlich verantwortlich wie ein Unternehmen ohne eine solche Kultur. Die Betroffenen blieben im Unklaren, was genau von ihnen verlangt werde. Sämtliche Straftaten, die im Auftritt für das Unternehmen begangen werden, würden undifferenziert erfasst, auch solche im Ausland. Die Sanktion von bis zu 10 % des weltweiten Konzernumsatzes sei – auch im internationalen Vergleich – unverhältnismäßig hoch.Die Anlegerschützer der DSW meldeten sich unabhängig davon zu Wort. Sie fordern, erst das Schadenersatzrecht für Aktionäre zu reformieren, bevor der Gesetzgeber den Anteilseignern in die Tasche greife.