Wirtschaft trotzt allen Widrigkeiten
Nach dem leichten Abbremsen der Konjunktur im dritten Quartal steuert Deutschland auf eine Belebung der gesamtwirtschaftlichen Aktivität im Schlussquartal zu. Die Ifo-Geschäftsstimmung hat sich im November trotz Terroranschlägen und schwacher Weltwirtschaft überraschend stark aufgehellt.ks Frankfurt – Der Ifo-Geschäftsklimaindex für die gewerbliche Wirtschaft Deutschlands ist spürbar gestiegen. Er rückte auf saisonbereinigt 109,0 Punkte im November von 108,2 Punkten im Oktober vor, wie die Münchener Konjunkturforscher mitteilten. Dies ist der höchste Stand in diesem sehr wichtigen Barometer für die größte Volkswirtschaft der Eurozone seit eineinhalb Jahren.”Die deutsche Wirtschaft zeigt sich von der zunehmenden weltweiten Unsicherheit unbeeindruckt”, sagte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn. Nicht einmal die Anschläge von Paris hätten sich in den Daten negativ bemerkbar gemacht. Bis zum 13. November hätten in der Online-Umfrage des Ifo-Instituts zwar bereits 80 % der Teilnehmer ihre Einschätzung abgegeben, aber danach sei die Stimmung nicht gekippt, erläuterte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe am Dienstag in einem Reuters-Interview. “Das Antwortverhalten hat sich nicht verändert”, betonte der Ökonom.Die Stimmungsaufhellung erfolgte auf breiter Front. So sind den weiteren Angaben zufolge zum einen die Einschätzungen zur aktuellen Geschäftslage besser ausgefallen als im Vormonat, als sie sich deutlich verschlechtert hatten. Im November legte der Lageindex binnen Monatsfrist um 0,7 auf 113,4 Zähler zu. Zum anderen nahm der Optimismus mit Blick auf die Geschäftsentwicklung in den kommenden sechs Monaten zu. Der Erwartungsindex kletterte, nun zum dritten Mal in Folge, um 0,8 auf 104,7 Punkte. Lichtblick für die IndustrieIm verarbeitenden Gewerbe ist der Geschäftsklimaindex nach drei Rückgängen in Folge wieder gestiegen. Die Industriefirmen waren mit ihrer aktuellen Geschäftslage zufriedener als im Vormonat. Zudem nahm der Optimismus für die nächsten Monate auf den höchsten Stand seit März zu. Auch die Exporterwartungen sind zuletzt wieder gestiegen. Die Produktion soll in den kommenden Monaten ausgeweitet werden. Der Teilindex für die Automobilbranche ist trotz des Abgasskandals erneut gestiegen, wie das Ifo-Institut in seiner Mitteilung hervorhob.Im Großhandel verbesserte sich das Geschäftsklima auf den höchsten Wert seit Januar 2014. Die Großhändler waren sowohl mit ihrer aktuellen Lage als auch mit dem weiteren Ausblick zufriedener als im Vormonat. Im Einzelhandel ist der Index hingegen erneut gesunken. Während die weiterhin sehr guten Lageeinschätzungen nur minimal zurückgenommen wurden, waren die Einzelhändler für die Zukunft merklich weniger zuversichtlich als zuvor.Im Bauhauptgewerbe stieg der Index auf den höchsten Wert seit der Wiedervereinigung. Dies war vor allem auf eine deutlich verbesserte Lageeinschätzung zurückzuführen. Die Erwartungen blieben dem Ifo-Institut zufolge “unverändert auf einem hohen Niveau knapp unter dem Rekordwert vom Februar 2007″.”Teflonstimmung in Deutschland: Weder der Abgasskandal noch die Flüchtlingskrise und die Paris-Attentate kratzen derzeit an der Stimmung”, sagte DekaBank-Volkswirt Andreas Scheuerle. “Aktuell scheinen der schwache Euro, die geringen Energiepreise und die robuste Binnennachfrage in Deutschland all das zu kompensieren.” Hoffnung auf BelebungDie gute Stimmung in den Firmen, die sich im Ifo-Index zeigt, schürte leichte Hoffnungen auf eine Belebung der bislang sehr schwachen Unternehmensinvestitionen. Im dritten Quartal waren die Ausrüstungsinvestitionen um 0,8 % hinter dem Stand der Vorperiode zurückgeblieben, wie aus den saison- und kalenderbereinigten Detailangaben folgt, die das Statistische Bundesamt nunmehr vorgelegt hat. Bereits vor kurzem hatte Destatis das gesamtwirtschaftliche Wachstum im Zeitraum Juli bis September mit 0,3 % angegeben, was eine leichte Verlangsamung bedeutet (vgl. BZ vom 14. November). Im zweiten Quartal hatte das Bruttoinlandsprodukt um 0,4 % zugelegt.Getragen war die BIP-Expansion im dritten Quartal vom Konsum (siehe Grafik). So zog der private Verbrauch um 0,6 % an, der staatliche Konsum schnellte um 1,3 % nach oben. Beobachter sehen in diesem sehr starken Plus die zusätzlichen öffentlichen Ausgaben für die Flüchtlinge.Vor dem Hintergrund der anhaltenden Flaute in der Weltkonjunktur, die von der Schwäche in den Schwellenländern herrührt, bremste der Außenhandel das deutsche Wirtschaftswachstum in der Berichtsperiode markant. Der mit minus 0,4 Prozentpunkten der BIP-Rate negative Außenbeitrag folgt aus einem nur um 0,2 % höheren Wert der deutschen Exporte. Die Importe sprangen, angespornt von der starken Konsumnachfrage, um 1,1 % nach oben.