Rasanter Vertrauensverlust

Britische Regierung stürzt in Umfragen ab

Die Desillusionierung mit der neuen britischen Regierung schreitet voran. Ein wichtiger Stimmungsindikator des Institute of Directors brach im August ein.

Britische Regierung stürzt in Umfragen ab

Britische Regierung stürzt in Umfragen ab

Führungskräfte werden angesichts der von Labour angedrohten Steuererhöhungen pessimistisch

Die Desillusionierung ging schnell vonstatten: Der Index des Institute of Directors, der die Zuversicht von Führungskräften in die Wirtschaftsentwicklung ausdrückt, stürzte von +7 nach dem Wahlsieg von Labour im Juli auf −12 im August ab. Denn schnell war klar, dass erhebliche Steuererhöhungen anstehen werden.

hip London

Die Schonzeit für die neue britische Regierung ist bereits vorbei. Vor allem Führungskräfte verabschieden sich zunehmend von der Vorstellung, die unter Labour wiederhergestellte politische Stabilität könnte sich positiv auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirken. Ein vom Institute of Directors (IoD) ermittelter Index, der den Optimismus der Befragten widerspiegelt, schmierte von +7 im Juli auf −12 im August ab.

Das IoD trägt den Spitznamen „Gewerkschaft der Bosse“ nicht umsonst: Es vertritt rund 20.000 Führungskräfte. Was ihre rasante Desillusionierung bedeutet, zeigt sich in weiteren Indikatoren der Umfrage: Investitionsabsichten und Pläne für den Personalaufbau gingen so stark zurück wie zuletzt beim ersten Lockdown zur Eindämmung des Coronavirus.

Stabile Rahmenbedingungen gefordert

Die IoD-Chefvolkswirtin Anna Leach machte den Newsflow der vergangenen Wochen zu Arbeitnehmerrechten und geplanten Steuererhöhungen dafür verantwortlich. „Wir fordern die Regierung auf, sich Zeit zu nehmen, um langfristig die richtigen Maßnahmen zu konzipieren und stabile steuerliche und politische Rahmenbedingungen zu schaffen, die nötig sind, um Geschäftsklima und Investitionen voranzubringen“, sagte Leach.

Zu den politischen Versuchsballons der vergangenen Wochen gehörten Aussagen zur Viertagewoche und zur Stärkung der Gewerkschaften. Über die Erhöhung der Kapitalertragsteuer wurde ebenso spekuliert wie über die Besteuerung von Altersvermögen. Auch die von den Tories eingefrorene Kraftstoffsteuer könnte ein Thema werden, wenn Schatzkanzlerin Rachel Reeves im Oktober ihren Haushalt vorstellt.

Breiter Vertrauensverlust

Aber nicht nur die Führungskräfte verlieren das Vertrauen. Wie das Meinungsforschungsinstitut Yougov ermittelte, sind bereits 51% der Bevölkerung der Meinung, dass die neue Regierung keine gute Arbeit leistet. Lediglich 23% stellten sich hinter die Mannschaft von Premierminister Keir Starmer, der sich bereits in den ersten Wochen seiner Amtszeit mit Unruhen konfrontiert sah.

Das ist auch vor dem Hintergrund bemerkenswert, dass bei den Wahlen am 4. Juli noch gut ein Drittel der Wahlberechtigten für Labour stimmten. Doch eine ganze Reihe von Maßnahmen sind einer Umfrage der Meinungsforscher von More in Common zufolge ziemlich unbeliebt. Schatzkanzlerin Rachel Reeves strich Rentnern den Heizkostenzuschuss für den Winter.

Geteiltes Echo zur Flüchtlingspolitik

Bedürftige sollen ihn zwar weiterhin erhalten. Doch kam die Sparmaßnahme in der Öffentlichkeit nicht gut an. Noch schlechter wurde der Beschluss aufgenommen, zahllose Strafgefangene vorzeitig zu entlassen, um Platz in den Gefängnissen zu schaffen – nicht zuletzt für die Protagonisten der Unruhen, die unter anderem versuchten, Flüchtlingsunterkünfte und Moscheen in Brand zu setzen.

Dass Labour den von der Vorgängerregierung vorangetriebenen Plan, in kleinen Booten über den Ärmelkanal kommende Einwanderer nach Ruanda abzuschieben, ersatzlos strich, stieß auf ein geteiltes Echo. Auch die neue Regierung hat auf die unkontrollierte Zuwanderung bislang keine Antwort.

Starmer unter der Nulllinie

Starmers persönliche Zustimmungswerte gingen ebenfalls schon kurz nach seinem Amtsantritt in den Keller. Im Juli kam er bei More in Common noch auf netto +11. Im August waren es −16. Dabei handelt es sich um einen Nettowert aus Zustimmung und Ablehnung. Mehr als ein Viertel (27%) war der Ansicht, er mache einen sehr schlechten Job. Lediglich 8% gaben an, er leiste sehr gute Arbeit.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.