Wo Deutschlands Staatsgäste landen
Der Berliner Hauptstadtflughafen BER ist immer wieder für Überraschungen gut. Manche Teile werden schneller fertig als erwartet und sogar schneller, als es manchem lieb ist. Der Interims-Regierungsflughafen in Schönefeld könnte schon Ende des Jahres in Betrieb gehen, berichtete der “Tagesspiegel” in diesen Tagen. Die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg frohlockte: “Die Fertigstellung des Gebäudes und der Vorfelder liegt im Zeitplan.” Endlich kann sie einmal einen Erfolg verkünden. Für das Ansehen Deutschlands und der Bundesregierung wäre ein neuer Regierungsterminal ein echter Gewinn. Dort, wo deutsche Regierungsmitglieder in staatlicher Mission mit der Flugbereitschaft der Bundeswehr an- und abreisen, empfängt Deutschland auch seine Staatsgäste. Der erste Eindruck, den ausländische Regierungschefs, Staatsoberhäupter und Könige gewinnen, die heutzutage auf dem militärischen Teil des Flughafens Berlin-Tegel landen, ist verbesserungsbedürftig: ein kleines Abfertigungsgebäude mit dem Charme der Turnhalle einer Gesamtschule aus den 1970er Jahren – immerhin durch einige Schönheitsreparaturen auf akzeptablen Standard gebracht. Den kurzen Weg von der Abflughalle zum Regierungsflieger kann man bequem zu Fuß zurücklegen. Das militärisch bewachte Areal dieses Teils des Flughafens wirkt verlassen und ist es auf seine Art auch. Es liegt im ehemaligen französischen Sektor Berlins. Dort war in den 1950er Jahren für die Soldaten der Besatzungsmacht und ihre Familien ein neues Wohnviertel gebaut worden. Die klingenden Namen französischer Generäle erinnern noch heute daran. Wenigstens dies vermittelt den Eindruck von großer, weiter Welt. Jedes neue Regierungsterminal würde Deutschland somit zu mehr Ehre gereichen, sei es auch nur eine Zwischenlösung am BER, bis der eigentliche Regierungsairport in einigen Jahren fertiggestellt sein wird. Richtfest für das am neuen Flughafen in Schönefeld geplante Interimsgebäude war erst im vergangenen Sommer. Nun wird schon das Innere ausgebaut – übergabebereit zum Jahresende. Fast zwei Jahre will die Bundesregierung den Terminal leer stehen lassen und erst mit der Schließung von Tegel auch mit dem politisch-parlamentarischen Flugbetrieb nach Schönefeld umziehen. Der Bundesregierung zufolge war immer ein paralleler Start vereinbart. Dies dürfte sich auf eine ältere Planung mit einem früheren Eröffnungstermin beziehen. Aktuell soll der neue Flughafen im Oktober 2020 den Betrieb aufnehmen. Die chronisch defizitäre Flughafengesellschaft befürchtet einen wirtschaftlichen Schaden. Sie hat den 79 Mill. Euro teuren Interims-Flughafen bis auf einen kleineren Bundeszuschuss finanziert und muss nun noch monatelang auf Miete warten. Eine Zwischennutzung ist aus Sicherheitsgründen ausgeschlossen. Naheliegend ist, dass der leere Regierungsflughafen während des Leerstands bewacht werden muss. Der Schaden trifft den Bund gleich mit. Zahlt er keine Miete, leidet die Gesellschaft, an der er – neben Berlin und Brandenburg – selbst mit 26 % beteiligt ist.