Wutpräsident
af – Als der “Trump aus den Tropen” ist Jair Bolsonaro in Brasilien an die Macht gestürmt. Nach 27 Jahren Irrlichterei am äußersten rechten Rande des Kongresses schaffte es der 63-Jährige, auf einer Welle aus aufgestauter Wut bis in den Präsidentenpalast Planalto zu reiten. Er setzte dabei vor allem auf die sozialen Netze, die, gefüttert vor allem von Bolsonaros drei ältesten Söhnen, ein Feuerwerk aus Falschheiten verbreiteten. Wie sein Idol aus dem Weißen Haus wird Bolsonaro weiter auf Fake News und Familie bauen, wenn er ab dem Neujahrstag die Macht über Brasilien und damit über die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas übernimmt.Doch damit dürften sich die Analogien zwischen Trump und Bolsonaro, der auch schon Sympathie für die weltweit auf dem Vormarsch scheinende Autokratie bekundet hat, bald erschöpfen. Denn der Brasilianer, dessen Wahl fast sinnbildlich steht für einen sich wirtschaftlich und politisch in Aufruhr befindlichen Kontinent, hat weder die Mittel noch die Macht oder Mannschaft, um à la Trump zu regieren.Anders als der Nordamerikaner kann Bolsonaro keinesfalls die Steuern deutlich senken, um die Konjunktur anzukurbeln. Denn die Staatsfinanzen sind nach der schweren Rezession in den Jahren 2014 bis 2016 immer noch tief zerrüttet. Das Budgetdefizit lag 2017 bei fast 8 %. Die Staatsverschuldung beträgt fast 80 % der Gesamtwirtschaftsleistung. Bolsonaro muss vor allem das ruinöse Rentensystem reformieren, wofür er mindestens drei Fünftel des Kongresses hinter sich braucht. Aber er hat keine parlamentarische Mehrheit. Bolsonaro braucht also andere Parteien. Aber das wird nicht billig. Im Wahlkampf versprach er umfassende Privatisierungen von Staatsbetrieben – doch nun wird er deren Direktorenposten brauchen, um Freunde im Parlament zu finden.Genauso wenig hält er wohl sein Versprechen, maximal 15 Ministerien zu bilden. Nun dürften es 22 werden – und diese besetzen Vertreter höchst unterschiedlicher Denkschulen: Das Finanz-und Wirtschaftsressort leitet Paulo Guedes, ein Milton-Friedman-Schüler und Freihandelsfan. Aber das Außenamt führt Ernesto Araújo, der die Globalisierung als marxistische Strategie auf dem Weg zu Chinas Weltherrschaft verteufelt. Während Präsident und Außenminister gegen Peking stänkern, versucht die mächtige Agrarfraktion zu bremsen. China ist seit 2009 Brasiliens größter Kunde.