Yellen erwartet Zinsschritt 2015

Fed-Chefin will nicht zu lange warten - US-BIP-Schätzung angehoben

Yellen erwartet Zinsschritt 2015

Von Sebastian Schmid, New YorkMit der Septembersitzung des Offenmarktausschusses der Federal Reserve (FOMC) sind die Zweifel, ob die Notenbank noch im laufenden Turnus ihre Zinsen anheben wird, unter Ökonomen weltweit stark gewachsen – und dies offenbar mehr, als Fed-Chefin Janet Yellen genehm ist. Am Donnerstagabend stellte sie bei einer Rede in Amherst (Massachusetts) deshalb klar, dass besser nicht zu viel Hoffnung auf einer Verschiebung des Zinsschritts ins Jahr 2016 gesetzt werden sollte. “Die meisten meiner Kollegen und ich rechnen damit, dass es angemessen sein wird, die Zielspanne noch im weiteren Verlauf dieses Jahres anzuheben”, erklärte sie. Zweifel halten sichSchon die ersten Reaktionen auf die Ansprache zeigen indes, dass die wachsweiche Formulierung, die erneut alle Optionen offen lässt, nicht ausreicht, um die Investoren zu überzeugen. “Sie wünscht sich zwar, die Zinsen dieses Jahr anheben zu können. Aber ich denke, dafür gibt es zu viele Probleme – speziell im Bezug auf die Liquidität im Markt und die Schwellenländer”, sagte Hideo Shimomura von Mitsubishi UFJ der Nachrichtenagentur Bloomberg. Es könne sogar sein, dass Yellen für die absehbare Zukunft keine Zinsanhebung durchsetzen könne. Dartmouth-Professor David Blanchflower, der ehemals Mitglied im Geldmarktausschuss der Bank of England war, beziffert die Chancen einer Zinsanhebung im laufenden Jahr auf “winzig bis nicht existent”.Unterstützung erhält Yellen derweil von der US-Konjunktur. Die am Freitag veröffentlichte dritte Schätzung für das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal zeigte eine erneute Verbesserung um 0,2 Prozentpunkte auf ein Wachstum von 3,9 %. Ursprünglich hatte das US-Wirtschaftsministerium nur ein 2,3-prozentiges Wachstum festgestellt, das in der zweiten Schätzung dann auf 3,7 % revidiert worden war. Unerwartet gut entwickelte sich etwa der Konsum, der um 3,6 % statt der bislang geschätzten 3,1 % anzog. Den kräftigsten Schub erhielt die US-Wirtschaft indes vom Baugewerbe. Die Wohnbautätigkeit zog um fast ein Zehntel an, während Geschäftsimmobilienprojekte ein Wachstum von 6,2 % beisteuerten. Im Vorjahresquartal hatte die Bautätigkeit nur um gut 3 % zugelegt. Hoher LagerbestandFür das zweite Halbjahr ist das unerwartet kräftige BIP-Wachstum in den Monaten April bis Juni indes nicht zwingend ein positives Signal. Der relativ hohe Lagerbestand könnte laut Experten dazu führen, dass in den kommenden Monaten erst einmal die Vorräte abverkauft werden, ehe die Produktion wieder stärker angekurbelt werde. Auch einige Unternehmen hatten das zuletzt bestätigt. Nike-Finanzchef Andy Champion hatte erklärt, die Lagerhaltung werde im zweiten Halbjahr leicht überdurchschnittlich ausfallen. Ein Grund dafür sind die Arbeitskämpfe an den Häfen der Westküste, wo viele Importprodukte aus Asien ankommen. Um nicht in Engpässe zu geraten, haben viele Unternehmen ihre Vorratshaltung ausgeweitet.Die meisten Ökonomen erwarten, dass ein langsamerer Vorratsaufbau im dritten Quartal bis zu einen Prozentpunkt Wirtschaftswachstum kosten könnte. Joshua Shapiro, Chefökonom von MFR, erwartet etwa nur 2 % BIP-Wachstum in den Monaten Juli bis September. Interessant wird dabei auch sein, ob die positive Exportentwicklung trotz der Dollarstärke anhält. Nachdem die Ausfuhren im ersten Quartal noch um 6 % geschrumpft waren, kletterten diese im zweiten Quartal um 5,1 %.Yellen warnte die Investoren in ihrer mehr als 45-minütigen Rede auch davor, mit einem sehr späten Zinsschritt zu rechnen. Warte die Fed zu lange mit der Zinsanhebung, werde sie womöglich zu abrupten, großen Schritten gezwungen, um eine Überhitzung der US-Wirtschaft zu vermeiden. Zeitig mit vorsichtigen Zinsschritten zu beginnen, sei die klügere Strategie.