Yellen fordert mehr Gradualismus

US-Notenbankchefin für gemächliche Gangart bei der Normalisierung der Geldpolitik

Yellen fordert mehr Gradualismus

Angesichts etwas trüberer Konjunkturaussichten will US-Notenbankchefin Janet Yellen sich mit weiteren Zinserhöhungen zurückhalten. In einer Rede vor dem Economic Club of New York betonte die Fed-Vorsitzende, dass das wirtschaftliche und finanzielle Umfeld mit größeren Risiken behaftet sei als im Dezember.det Washington – Zunehmende Risiken für die US-Wirtschaft dürften die Federal Reserve davon abhalten, in absehbarer Zukunft erneut an der Zinsschraube zu drehen. Angemessen, so Fed-Chefin Janet Yellen, sei bei der Geldpolitik nun “ein größerer Gradualismus”. Sie wollte aber nicht ausschließen, dass die Notenbank den Normalisierungsprozess beschleunigt, wenn die Wirtschaft wieder stärker an Schwung gewinnt.Zu bedenken sei aber, dass, wenn die Zügel zu früh straffer gezogen werden und es dann wieder zu einer Abschwächung kommt, der Spielraum für stimulierende Maßnahmen begrenzt sei, sagte Yellen. Gleichzeitig betonte sie aber, dass selbst in der derzeitigen Situation die Fed noch über einen gewissen “Umfang an Akkommodierungsmöglichkeiten verfügt”. Auf die Erwähnung eines möglichen Negativzinses hat die Notenbankchefin verzichtet.Negativ fällt in den USA nach Darstellung Yellens das produzierende Gewerbe ins Gewicht, wo Ausfuhren vor allem unter der schwachen Auslandsnachfrage sowie dem stärkeren Dollar gelitten haben. Auch habe der niedrige Ölpreis negativ auf Investitionsausgaben durchgeschlagen. Als weitere Achillesferse nannte Yellen die weiterhin geringe Produktivität. Positiv schlügen dagegen geringere Schulden, robuste Verbraucherausgaben sowie der Aufschwung am Häusermarkt zu Buche.Nicht zu unterschätzende Gefahren bergen laut Yellen auch globale Entwicklungen, die seit der Jahreswende an Volatilität zugenommen haben. Neben dem Ölpreisverfall nannte sie die Konjunkturschwäche bei wichtigen Partnerländern ebenso wie Unruhen an den Finanzmärkten. Zwar hätten diese an den Prognosen nichts Grundsätzliches geändert, aber dazu beigetragen, dass die Fed im Januar und März auf weitere Zinserhöhungen verzichtet hat.Angenehm überrascht war die oberste US-Währungshüterin nach eigener Darstellung von dem Anstieg des PCE-Index. Die Kernrate dieses Deflators der Konsumausgaben, die schwankungsanfällige Energie- und Lebensmittelpreise ausklammert, lag im Vormonat bei 1,7 %. Obwohl unklar bleibt, ob der leicht zunehmende Preisauftrieb von Dauer sein wird, rechnet sie in absehbarer Zeit mit der Erreichung des Inflationsziels der Notenbank von 2 %.Der PCE-Index ist aus der Sicht der Währungshüter der wichtigste Inflationsindikator. Wie das US-Handelsministerium bereits am Montag berichtet hatte, verbilligten sich Konsumgüter im Februar um 0,1 % und wurden gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres um 1,0 % teurer. An der Kernrate gemessen stiegen die Preise gegenüber Januar um 0,1 %. Entscheidend für die Fed ist die Tatsache, dass die Jahreskernrate noch um 0,3 Prozentpunkte unter dem Inflationsziel der Zentralbank liegt, sich aber langsam der Marke von 2 % nähert.Zuvor hatte auch John Williams, der Präsident der Notenbank von San Francisco, die Überzeugung geäußert, dass der Offenmarktausschuss nach der Zinserhöhung vom vergangenen Dezember “mit behutsamen Schritten” vorgehen solle. Ungeachtet der jüngsten Turbulenzen an den Finanzmärkten hätten sich die Aussichten weder für die Weltwirtschaft noch für die US-Konjunktur wesentlich verändert.Williams, der in diesem Jahr kein stimmberechtigtes Mitglied des geldpolitischen Lenkungsgremiums der Fed ist, plädierte für “graduelle und umsichtige Zinserhöhungen”. Fast übereinstimmend erwarten Experten im Verlaufe des Kalenderjahres nicht mehr als zwei Zinserhöhungen und sind zudem der Überzeugung, dass nach Yellens jüngster Rede die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung bei der April-Sitzung des Offenmarktausschusses deutlich gesunken ist.