LEITARTIKEL

Yuan-Hausse mit Schleifchen

Direkte Begegnungen zwischen den Staatsoberhäuptern der beiden führenden Wirtschaftsmächte sind eine seltene Angelegenheit. In China fiebert man dem Besuch des noch ziemlich frischgebackenen Staatspräsidenten Xi Jinping bei US-Präsident Barack Obama...

Yuan-Hausse mit Schleifchen

Direkte Begegnungen zwischen den Staatsoberhäuptern der beiden führenden Wirtschaftsmächte sind eine seltene Angelegenheit. In China fiebert man dem Besuch des noch ziemlich frischgebackenen Staatspräsidenten Xi Jinping bei US-Präsident Barack Obama am 7. und 8. Juni regelrecht entgegen. Zweifelsohne stehen geopolitische Belange im Zentrum des Treffens, umso wichtiger erscheint es aus Pekinger Sicht, dass handels- und währungspolitische Reibereien nicht störend dazwischenfunken. Ein hochstabiler Yuan dient in jedem Fall einer freundschaftlichen Festigung der reichlich volatilen Beziehung zwischen den USA und China.So ist es sicherlich nicht als Zufall zu werten, dass der auch im Handel mit fast allen anderen Währungen an seinem Dollar-Kurs aufgehängte Yuan seit April gegenüber dem Greenback kräftig zulegen durfte. Nie war der Yuan in den fast 20 Jahren seit der Aufgabe einer festen Parität zum Dollar stärker als in den vergangenen Tagen. Angesichts der Fähigkeit der staatsdirigierten chinesischen Zentralbank, die nicht frei konvertierbare chinesische Devise kurzfristig in eine gewünschte Richtung zu lenken, kann man durchaus von einem Gastgeschenk sprechen.Die chinesische Regierung lässt es sich nicht nehmen, im Vorfeld von bilateralen Treffen mit den USA, Gipfeln der G 20 und Jahrestagungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) mit einer gezielten Kräftigung des Yuan gegenüber dem Dollar für ein gutes Gesprächsklima zu sorgen. Die jetzt erreichten luftigeren Höhen des Yuan hindern die US-Regierung und auch den IWF freilich nicht daran, noch immer von einer signifikanten beziehungsweise moderaten Unterbewertung des Yuan zum Dollar zu sprechen. In Peking hingegen wähnt man den Yuan sehr nahe am Gleichgewichtsniveau zum Dollar, muss allerdings feststellen, dass der sich marktseitig entfaltende Druck zu einer weiteren Aufwertung des Yuan gerade in den letzten Monaten stark zugenommen hat.Sichtbar wird dies in der zulässigen marktgetriebenen Schwankung des Yuan von gegenwärtig 1 % in beide Richtungen um einen von der People’s Bank of China (PBOC) täglich fixierten Referenzkurs zum Dollar. Derzeit drücken die Marktausschläge des Yuan ständig an den Rand des Kursbandes. Um zu verhindern, dass ihre Dollar-Parität nicht situationsgerecht wirkt, muss die PBOC entweder sehr heftig intervenieren oder Schritt für Schritt nachgeben. Anders als in der Vergangenheit scheinen die eher eingetrübten Wachstumsperspektiven für die chinesische Wirtschaft keineswegs dafür zu sorgen, dass der unmittelbare Druck auf eine Aufwertung des Yuan nachlässt. Auch die Nivellierung von Außenhandelsüberschüssen zeigt wenig Wirkung, weil das prononcierte Renditegefälle im Zuge der extremen geldpolitischen Lockerung in den führenden westlichen Volkswirtschaften Kapitalströme Richtung China verstärkt.Dass eine chinesische Leitzinssenkung den Druck lockern könnte, gilt als äußerst zweifelhaft und ist aus binnenwirtschaftlicher Perspektive kaum angezeigt. Dies würde nur der Immobilienpreisblase weiteren Vorschub leisten, zumal die Zentralbank bereits mit einem Liquiditätsschwapp zu kämpfen hat. Auf Inflationsbekämpfung gemünzte Zinserhöhungen verbieten sich ihrerseits im eher schwachen Konjunkturumfeld. Das Zulassen eines höheren Yuan- Kurses hingegen ist ein einigermaßen probates Mittel, um mit der Dämpfung einer importierten Inflation auf Preisgefahren einzuwirken und konjunkturelle Effekte auf die Exportwirtschaft zu begrenzen.Für die PBOC gibt es derzeit keine Alternative zum Gestatten einer graduellen Aufwertung des Yuan. Mit Blick auf chinesisch-amerikanische Befindlichkeiten setzt zudem der halbjährliche Strategie- und Wirtschaftsdialog in der zweiten Juliwoche eine neue Datumsmarke, an der sich auch die Wechselkurspolitik orientieren dürfte. Die Wetten laufen darauf hinaus, dass die im chinesischen Finanzreformkalender vorgesehene weitere Flexibilisierung des Yuan durch eine neuerliche Ausdehnung der zulässigen Schwankungsbreite zum Dollar in den Zeitraum zwischen den beiden Treffen fällt. Dann dürfte das Band auf 2 % in beide Richtungen erweitert werden. Dies ändert nichts an der Handlungshoheit der PBOC, via Referenzkursen den Yuan zu lenken, setzt aber das Verdikt der Märkte, in welche Richtung der Yuan sich bewegen sollte, optisch noch eindrucksvoller in Szene. Bis Mitte Juli ist eine weitere Yuan-Aufwertung quasi programmiert. In der zweiten Jahreshälfte beginnt dann allerdings ein neues Spiel.——–Von Norbert Hellmann ——-Es ist Usus der chinesischen Regierung, vor wichtigen bilateralen Treffen mit einer gezielten Kräftigung des Yuan für ein gütliches Gesprächsklima zu sorgen.