China-Konjunktur

Zähes Warten auf Chinas Konjunkturerholung

Chinas problematischer Immobilienmarkt und ein denkbar zäher Konsumtrend verhindern weiterhin Belebungssignale für die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft. Der am Donnerstag vom Pekinger Statistikbüro veröffentlichte Konjunkturdatenkranz für den Monat Juli offenbart sich als neue Enttäuschung.

Zähes Warten auf Chinas Konjunkturerholung

Zähes Warten auf Chinas Konjunkturerholung

Industrieproduktion verliert an Schubkraft – Kaum Anzeichen für Konsumbelebung – Immobilienpreise fallen weiter

nh Schanghai

Chinas problematischer Immobilienmarkt und ein denkbar zäher Konsumtrend verhindern weiterhin Belebungssignale für die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft. Der am Donnerstag vom Pekinger Statistikbüro veröffentlichte Konjunkturdatenkranz für den Monat Juli offenbart sich als neue Enttäuschung.

Sehnlich erhoffte Anzeichen für eine Dynamisierung der chinesischen Konjunktur erweisen sich als Geduldsspiel. Chinas Industrieproduktion hält sich zwar auf einem robusten Expansionstrend, scheint aber nach einem flotten Start in den ersten Monaten des Jahres nicht genügend Fahrt aufzunehmen, um die Schwachstellen bei anderen Wachstumstreibern zu kompensieren. Im Juli kletterte der Output noch um 5,1% gegenüber Vorjahr, was allerdings eine weitere Entschleunigung nach Zuwachsraten von 5,3 und 5,6% in vorangegangenen Monaten bedeutet. Die Analysten hatten für Juli mit einem Anstieg in dieser Größenordnung gerechnet.

Einzelhandel schwächelt

Bei den Einzelhandelsumsätzen als wichtigstem Indikator für den Konsumtrend kann man insofern von einer guten Nachricht sprechen, als man sich vom im Juni erreichten Tiefpunkt mit nur noch 2% Wachstum gelöst hat. Zuletzt stiegen die Erlöse in der Retailbranche um 2,7% gegenüber Vorjahr, womit die Konsensschätzung geringfügig übertroffen wurde. Die Experten sehen aber keine Anzeichen für eine nachhaltige Trendwende, zumal statistische Basiseffekte angesichts der schwachen Vergleichsbasis vom Vorjahresmonat zum Tragen kamen.

Peking erzielt keine Wirkung

In den vergangenen Wochen hatte Chinas Führungsspitze im Anschluss an einen großen Parteitag eine wirtschaftspolitische Prioritätenverschiebung signalisiert. Die Anregung des Konsums und die Stärkung der Binnennachfrage sollen in den Mittelpunkt der Konjunkturstabilisierungsbemühungen rücken. Bislang sind allerdings keine wesentlichen fiskalischen Stimuli erkennbar, die rasche Abhilfe versprechen. Ähnliches gilt für den Immobilienmarkt, wo eine zur Jahresmitte verkündete Offensive mit einem staatlichen Erwerbsprogramm für unverkaufte Wohnungen und die Lockerung von Hypothekenkreditkonditionen bislang wenig Wirkung zeigen.

Kühler Immobilienmarkt

Laut der offiziellen Statistik zum Wohnungsmarkt haben sich die Durchschnittspreise für Neuwohnungen in den 70 größten Ballungsgebieten im Juli um 0,7% gegenüber dem vorangegangenen Monat verringert, während sich Gebrauchtwohnungen um 0,8% verbilligten. Damit wurde der Negativtrend zumindest nicht verschärft. Nimmt man jedoch das Vorjahr zum Vergleichsmaßstab, haben sich die Wohnungspreise mit einem Rückgang von zuletzt 4,9% nach 4,5% im Juni nochmals stärker abgekühlt.

Einen ähnlich hohen Preisverfall bei Wohnimmobilien hatte man in Chinas jüngerer Wirtschaftsgeschichte nur einmal im Jahr 2015 gesehen. Damals ließ eine rasche Preiswende nicht lange auf sich warten. In der gegenwärtigen Situation allerdings ist erst ab dem kommenden Jahr mit einer Trendumkehr zu rechnen.

Stotternde Kreditnachfrage

Die Immobilienmarktsituation ist auch ein wesentlicher Faktor dafür, dass es in Sachen kreditgeleiteter Konjunkturimpulse nicht vorangeht. Im Gegenteil, haben die jüngsten monetären Daten doch eine regelrechte Kreditklemme auf Ebene der privaten Haushalte angezeigt. Im Juni ist das Volumen der ausstehenden Kredite um 210 Mrd. Yuan (gut 27 Mrd. Euro) gegenüber Vorjahresmonat gesunken. Damit ist es erstmals überhaupt in der bis zum Jahr 2005 zurückreichenden Statistik zu einer Schrumpfung des Darlehensbestands chinesischer Haushalte gekommen. Diese halten sich sowohl bei Hypotheken- als auch Konsumkrediten immer stärker zurück.

Zweifel zur Exportdynamik

Über die erste Jahreshälfte hinweg konnten die vom Immobilienmarkt und der schwachen Verbraucherstimmung herrührenden Bremseffekte für Wirtschaftswachstum durch einen dynamischeren Außenhandel und das Forcieren von öffentlichen Anlageinvestitionen kompensiert werden. Nun wachsen allerdings die Zweifel, ob von dieser Warte her auch weiterhin genügend Impulse kommen werden, um das offizielle Wachstumsziel von 5% einhalten zu können.

Bremse bei Sachinvestitionen

In den ersten sieben Monaten sind die Anlageinvestitionen noch um 3,6% vorangekommen, hier hatten die Experten mit einem Zuwachs nahe bei 4% gerechnet. Darüber hinaus kann befürchtet werden, dass Chinas Exportwirtschaft in der zweiten Jahreshälfte schwierigere Wachstumskonditionen vorfindet, zumal die globale Nachfrage von einer absehbaren Abkühlung der US-Wirtschaft beeinträchtigt werden dürfte.

Beim Wachstumsziel wird es eng

Chinas Wirtschaftswachstum hat sich von 5,3% in den ersten Monaten auf nur noch 4,7% im zweiten Quartal ermäßigt. Mit dem verhaltenen Start ins Sommerquartal dürfte es nach Ansicht der Analysten nun kräftigere Stimulierungsgesten der Regierung brauchen, um eine weitere Abschwächung des Wachstumstrends zu verhindern.

Der Median der Wachstumsprognosen von China-Ökonomen ist für das Gesamtjahr 2024 denn mittlerweile auch wieder leicht unter die Zielmarke von 5% gegangen.

nh Schanghai
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