Konjunkturerwartungen

ZEW-Index zeigt unerwartet trüben Ausblick

Börsianer blicken im April unerwartet etwas skeptischer auf die deutsche Konjunktur: Besser dürfte es die nächsten sechs Monate nicht werden. Aber eben auch nicht wesentlich schlechter.

ZEW-Index zeigt unerwartet trüben Ausblick

ZEW-Index zeigt unerwartet trüben Konjunkturausblick

Analysten bewerten aktuelle Lage aber besser – Wambach: Umfrageteilnehmer „weiterhin verunsichert“

ba Frankfurt

Finanzmarktexperten sehen die deutsche Wirtschaft in den kommenden Monaten eher vor sich hin dümpeln. Die ZEW-Konjunkturerwartungen für April zeigen keine nennenswerte konjunkturelle Verbesserung, aber auch keine gravierende Verschlechterung. Zwar hat sich das Risikoszenario einer Gasmangellage ebenso wenig manifestiert wie eine Finanzkrise nach den jüngsten Bankenturbulenzen. An den Belastungsfaktoren allerdings hat sich nichts geändert. Die beispiellosen Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) werden nach Einschätzung der Experten bis Juli weitergehen und erst im weiteren Jahresverlauf die Wirtschaft in der Breite treffen. Die Inflation geht nur langsam zurück und dämpft den privaten Konsum. Die sich verschärfenden Finanzierungskonditionen bremsen die Baubranche.

Die 172 monatlich vom Zen­trum für Europäische Wirtschafts­forschung (ZEW) befragten Analysten seien „weiterhin verunsichert“, erklärte ZEW-Präsident Achim Wambach den Rückgang des Barometers um 8,9 auf 4,1 Punkte. Damit werde „eine unveränderte konjunkturelle Lage auf Sicht von sechs Monaten“ signalisiert, sagte Wambach. Ökonomen wurden von dem zweiten Minus in Folge überrascht. Sie hatten einen Wert von 15,6 Zählern erwartet. Dass die aktuelle Lage deutlich besser als im März beurteilt wurde – das entsprechende Barometer legte um 14,0 auf minus 32,5 Punkte zu – „stützt die Sicht, dass die Wirtschaft mit einem blauen Auge davonkommt“, urteilte Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe.

Die Konjunkturerwartungen würden von mehreren Faktoren negativ beeinflusst, betonte Wambach. Zum einen würden die Experten eine vorsichtigere Kreditvergabepraxis der Banken erwarten. Zum anderen belasteten die immer noch hohen Inflationsraten und die international restriktive Geldpolitik. Positiv wertet Wambach, „dass die Gefahr einer akuten Krise auf den internationalen Finanzmärkten nicht mehr gesehen wird: Die Ertragsaussichten für Banken und Versicherungsunternehmen haben sich gegenüber dem Vormonat verbessert und liegen wieder deutlich im positiven Bereich“. Die Turbulenzen um die Credit Suisse und die Pleite der Silicon Valley Bank hatten Sorgen vor einer erneuten globalen Finanzkrise geschürt. „Auch der schnellen Reaktion der Notenbanken und Regulatoren ist es zu verdanken, dass ein unmittelbarer Wirtschaftseinbruch ausgeblieben ist“, betonte Jörg Zeuner, Chefökonom bei Union Investment. Das sei zwar erfreulich, aber nur die halbe Wahrheit – „denn das Risiko einer Rezession für das restliche Jahr bleibt bestehen“. Für Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank „ähnelt das deutsche Wachstum vorerst dem berühmten Ritt auf der Rasierklinge“. Würden die Produktionsnachholeffekte wegen der besser funktionierenden Lieferketten abebben, könnte im weiteren Jahresverlauf noch Ungemach drohen. Auch die schwache Bauwirtschaft werde noch geraume Zeit auf der konjunkturellen Entwicklung lasten. Dabei verweist Gitzel auf die Baugenehmigungen, die laut Statistischem Bundesamt im Februar um 20% unter dem Vorjahresniveau lagen. Die exportstarke Industrie hingegen profitiert von den reibungsloser funktionierenden Lieferketten und der Wiederöffnung der chinesischen Wirtschaft – Auftragseingang und Produktion sind zuletzt unerwartet gut ausgefallen. Jüngst haben Institute die Wachstumsprognosen teils deutlich erhöht: Der Sachverständigenrat etwa erwartet +0,2% für dieses Jahr.

Der Blick der Finanzmarktexperten auf die Euro-Wirtschaft zeigt ein ähnliches Bild: Die Erwartungen sanken um 3,6 auf 6,4 Punkte, während der Lageindikator deutlich um 14,4 auf –30,2 Punkte stieg.

Wertberichtigt Seite 2