Konjunktur

Gemischte Signale von der Euro-Inflation

Am Donnerstag muss der EZB-Rat über seinen weiteren Zinskurs entscheiden. Eine weitere Zinserhöhung gilt als ausgemacht, aber die Höhe ist umstritten. Neue Inflationsdaten geben nun gemischte Signale.

Gemischte Signale von der Euro-Inflation

Nach einem kontinuierlichen und deutlichen Rückgang seit Oktober hat sich die Inflation im Euroraum im April erstmals wieder etwas beschleunigt. Diese Beschleunigung fiel mit 7,0% statt zuvor 6,9% aber recht verhalten aus und war von vielen Beobachtern erwartet worden. Zugleich gab die Kernrate ohne Energie und Lebensmittel, die im März noch ein Rekordhoch von 5,7% erreicht hatte, zumindest leicht auf 5,6% nach. Insgesamt sprechen die Daten dafür, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Leitzinsen weiter anhebt, aber eher mit geringerem Tempo als zuletzt.

Gemischte Signale
von der Euro-Inflation

Gesamtteuerung zieht erneut an – Kernrate sinkt leicht

ms Frankfurt

Die Inflation im Euroraum hatte in den Jahren 2021 und 2022 deutlich und auch viel stärker als erwartet angezogen und im Oktober mit 10,6% ein absolutes Rekordniveau seit der Einführung des Euro im Jahr 1999 erreicht. Grund war auch, aber nicht nur der Ukraine-Krieg. Die EZB hatte darauf mit einer beispiellosen Zinsstraffung reagiert und die Zinsen seit Juli 2022 um 350 Basispunkte erhöht. Seit Herbst hatte die Gesamtteuerung dann deutlich nachgelassen, aber der zugrundeliegende Preisdruck, gemessen an der Kernrate, hatte zugenommen. Dieser steht aktuell im besonderen Fokus der EZB, weil er als besserer Indikator für den grundlegenden Inflationstrend gilt.

Im April drehte sich das jüngste Bild zumindest ein wenig: Die Gesamtinflation erhöhte sich auf 7,0%, wie Eurostat am Dienstag in einer ersten Schätzung mitteilte. Viele Beobachter hatte diesen Anstieg auf der Rechnung. Andere hatte eine unveränderte Rate erwartet, wieder andere einen etwas deutlicheren Anstieg. Verantwortlich für den Anstieg ist primär, dass der starke Rückgang der Energiepreise im April 2022 nun aus dem Vorjahresvergleich gefallen ist – also ein so genannter Basiseffekt. Dagegen nahm der Preisschub bei den Lebensmitteln deutlich ab. Da könnte nun der Höhepunkt überschritten sein.

Auf der anderen Seite verzeichnete die Kernrate erstmals seit Monaten zumindest einen leichten Rückgang auf 5,6%. Viele Euro-Notenbanker haben in den vergangenen Monaten erklärt, dass die EZB kaum aufhören kann, die Zinsen zu erhöhen, solange die Kernrate weiter steigt oder auf sehr hohem Niveau verharrt. Die hohe Kernrate gilt als Indiz, dass sich die zunächst von den Energiepreisen getriebene Inflation zunehmend in der Wirtschaft festsetzt und hartnäckig hält.

Trotz des Anstiegs im April zeichnet sich für die nächsten Monate ein weiterer Rückgang der Gesamtinflation ab. Bei der Kernrate wird ebenfalls ein Rückgang erwartet, der allerdings zäher ausfallen könnte – zumal angesichts des zunehmenden Lohndrucks. Eine rasche Rückkehr zum 2-Prozent-Inflationsziel der EZB scheint aber unwahrscheinlich. „Die EZB hat weiter ein ausgeprägtes Inflationsproblem“, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Damit bleibt der Druck auf die Notenbank hoch, die Leitzinsen weiter anzuheben. Zusammen mit Sorgen um die Kreditvergabe (siehe nebenstehenden Text) und die Wirtschaft insgesamt könnte die EZB dabei aber künftig auf Zinserhöhungen um 25 statt wie zuletzt stets 50 Basispunkte setzen.