Zur Unzeit nach Rio
Zur Unzeit nach Rio
Beim G-20 Gipfel in Brasilien dürften viele zentrale Themen auf der Strecke bleiben
af Buenos Aires
Es wird ein Gipfeltreffen im Schatten des Weltgeschehens. Wenn sich am nächsten Montag die Oberhäupter der 20 wichtigsten Staaten vor der Bilderbuchkulisse Rio de Janeiros treffen, werden zwei Hauptfiguren fehlen. Und zwei weitere schwer angezählt erscheinen.
Donald Trump, der nach seinem deutlichen Wahlsieg zentraler Akteur der nächsten Jahre wird, ist noch nicht im Amt. Und Wladimir Putin, sagte ab, weil er nicht riskieren möchte, dass Brasiliens Strafverfolger den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs ausführen. Putin wurde wegen systematischer Kindesentführungen aus der Ukraine verklagt. Für die USA wird der scheidende Joe Biden erscheinen. Und Deutschland wird von Olaf Scholz vertreten. Auch dessen politisches Gewicht steht nach dem Koalitionsbruch infrage.
Nicht nur die personelle Besetzung wirkt wie aus einer anderen Epoche. Auch die Themen reflektierten vor allem die Agenda vor Trumps Sieg. Dem Kampf gegen den Hunger und den Klimawandel soll sich dieser Gipfel widmen. Diese Themen sollen am Dienstag in der Abschlusserklärung festgeschrieben werden. Wenn es dazu käme, bekäme Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva zumindest einen gewissen Erfolg in seinem Bestreben, Südamerikas größtes Land auf die Weltbühne zurückzuholen.
Ringen um Freihandelsabkommen
Für seine dritte und wohl letzte Amtszeit hat sich Lula auch vorgenommen, Brasilien als ständiges Mitglied in den UN-Sicherheitsrat zu bringen, was aber an den bisherigen Vetomächten scheitern dürfte. Frankreich wird auch ein weiteres Veto aussprechen. Paris will nicht, wie von brasilianischen Diplomaten zuletzt mehrfach lanciert, am Rande der Konferenz den seit mehr als zwei Jahrzehnten verhandelten Freihandelsvertrag zwischen EU und der südamerikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur präsentieren.
Zum Abschluss des Vertrages hatten Deutschland, die EU-Kommission sowie die Regierungen Brasiliens und Argentiniens gedrängt, insbesondere vor dem Hintergrund eines möglichen Handelskonflikts mit den USA. Tatsächlich ist der Pakt mit der EU die einzige Schnittmenge zwischen dem linken Lula und Argentiniens anarcholiberalen Präsidenten Javier Milei. Die beiden, die einander bisher lautstark gemieden haben, werden in Rio erstmals an einem Tisch sitzen. Ebenso wird Milei, der den Sieg Trumps euphorisch gefeiert hat, ein erstes Einzelgespräch mit Chinas Xi Jinping führen. Milei hatte kürzlich China als „sehr interessanten Handelspartner“ gepriesen, was massive Kritik der US-Regierung zur Folge hatte.
Ebenso ausgespart bleiben sollen die Konflikte in der Ukraine und Israel/Gaza, weil da die Positionen zwischen den westlichen Regierungen und jenen des globalen Südens diametral entgegengesetzt sind. Dagegen besteht Einigkeit über Lulas Projekt, eine globale Steuer für Superreiche von 2% einzuführen, um den Kampf gegen Hunger zu finanzieren. Womöglich werden die Regierungschefs diese Initiative unterstützen. Ob sie die Steuer dann auch einführen, ist eine andere Frage.