Zyperns Zwangsabgabe schockt die Finanzmärkte
fed/kjo Brüssel/Frankfurt – Die zyprische Regierung schnürt das gerade erst mit der Eurogruppe vereinbarte Hilfsprogramm für das finanziell angeschlagene Land wieder auf. Nach den empörten Reaktionen und Protesten wegen der Beteiligung aller Bankkunden – also auch jener mit niedrigen Bankeinlagen – an den Kosten der Stabilisierung des Landes tüftelt die Regierung unter Hochdruck an einer Korrektur, die Kleinsparer nicht so stark belastet wie ursprünglich vorgesehen. Die EU-Kommission und mehrere Regierungen der Eurogruppe, darunter Deutschland und Frankreich, signalisierten die Bereitschaft, Änderungen zu akzeptieren. Allerdings pochen sie darauf, dass die Erleichterungen durch Mehrbelastungen an anderer Stelle ausgeglichen werden. Insgesamt müsse die Beteiligung der Sparer trotzdem die geplanten 5,8 Mrd. Euro einbringen, fordern die Euro-Partner.Gestern Abend wollten die Euro-Finanzminister noch einmal telefonieren. Am heutigen Dienstag soll das zyprische Parlament dann abstimmen. Die Banken bleiben vorsichtshalber bis einschließlich Mittwoch dicht. Diese Vorsicht scheint angebracht, weil niemand voraussagen kann, wie die Abstimmung ausgeht. Die neue Regierung ist auf Stimmen aus anderen Parteien angewiesen.Am Wochenende hatten die Euro-Finanzminister in einer langen Nachtsitzung ein Hilfsprogramm für Zypern geschnürt. Die Euro-Partner stellen Hilfen von bis zu 10 Mrd. Euro über den Rettungsschirm ESM in Aussicht, wobei sich der Internationale Währungsfonds finanziell in bislang unbekannter Höhe daran beteiligen will. Als Gegenleistung – und um die Lücke zwischen diesen 10 Mrd. und dem Bedarf des Landes und der dortigen Banken von insgesamt 17 Mrd. zu schließen – hat die zyprische Regierung Sparmaßnahmen und Privatisierungen zugesagt. Die Besitzer nachrangiger Bank-Schuldverschreibungen müssen damit rechnen, ihren Einsatz komplett zu verlieren. Damit wären die Banken um 1,4 Mrd. Euro entlastet. Erstrangige Anleihebesitzer werden nicht zum Bail-in herangezogen.Allerdings sollen erstmals auch die Sparer zahlen. Bei Bankeinlagen (pro Institut und Kunde) von mehr als 100 000 Euro sollen – den ursprünglichen Plänen vom Wochenende zufolge, die nun wohl noch einmal revidiert werden – 9,9 % in Form einer einmaligen Steuer an den Fiskus wandern. Bei Spareinlagen unter der Schwelle von 100 000 Euro war dieser Prozentsatz zunächst auf 6,75 % festgelegt worden. Gestern kursierten Spekulationen, dass entweder die Kleinsparer weniger stark und die großen Einleger stärker als bislang geplant belastet werden sollen – oder eine Schwelle eingezogen wird, unter der Sparvermögen steuerfrei bleiben. Im Gespräch waren dabei nach Angaben zyprischer Medien 20 000 Euro.Die Entscheidung der Eurogruppe, mit dem Zugriff auf Spareinlagen ein Tabu zu brechen, hat hitzige Diskussionen ausgelöst. In Brüssel wurde das Vorgehen mit dem Hinweis verteidigt, dass eine einmalige Steuer kein Verstoß gegen die EU-Richtlinie über die Einlagensicherung sei. Zugleich gab es kritische Stimmen, die vor dem Risiko eines Ansturms auf Banken in anderen, ebenfalls finanziell angeschlagenen Euro-Staaten warnten. Gestern blieb es allerdings zunächst einmal ruhig. Weder aus Italien noch aus Spanien oder Portugal wurde ein Ansturm auf Geldhäuser gemeldet. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wies den Eindruck zurück, dass die Bundesregierung auf eine Belastung der Kleinsparer gedrungen habe. Russlands Präsident Wladimir Putin meldete sich zu Wort und kritisierte via Sprecher die Sondersteuer als “unprofessionell und gefährlich”.Die Entwicklung in Zypern sorgte auf den Finanzmärkten für zum Teil heftige Kursbewegungen. Der im Juni dieses Jahres auslaufende Bond Zyperns sackte kräftig ab. Die Rendite schoss von 28,30 % im frühen Handel bis auf 69,17 % hoch. Abends lag der Satz bei 52,67 %. Die Rendite der 2020 fälligen Anleihe des Landes kletterte von 8,65 % bis auf 10,55 % und lag abends bei 9,95 %. Marktteilnehmer befürchten ausgehend von Zypern nun erneut Ansteckungseffekte für andere Euro-Länder. Sicherheit war deshalb stark gefragt. Anleger griffen zu Bundesanleihen. Die Rendite zweijähriger Bundestitel sackte erstmals in diesem Jahr wieder in den negativen Bereich. Deutliche Renditerückgänge gab es auch bei der zehnjährigen Bundesanleihe, die von 1,45 % am vergangenen Freitag bis auf 1,36 % fiel. Der Dax konnte den Zypern-Schock relativ schnell wegstecken und lag nachmittags wieder über der Marke von 8 000 Punkten. Er schloss mit 8 011 (- 0,4 %).—– Berichte Seiten 3, 7, 17 und 18- Kommentare Seite 8