KommentarKraftwerksstrategie

Abgespeckte Variante

Die Kraftwerksstrategie der Bundesregierung fällt günstiger aus als erwartet. Planungssicherheit für Investoren bietet sie aber keineswegs.

Abgespeckte Variante

Kraftwerksstrategie

Abgespeckte
Variante

Von Andreas Heitker

Der Druck aus der Wirtschaft war zuletzt so groß geworden, dass die Bundesregierung fast gar nicht anders konnte, als endlich einen Plan zur langfristigen Kraftwerksstrategie auf den Tisch zu legen. Die koalitionsinterne Einigung, die die drei Ampel-Parteien am Montag präsentierten, sieht nun eine kostengünstige, abgespeckte Variante dieser Strategie vor, bei der allerdings noch etliche Fragen offen bleiben. Und dies gilt nicht nur für das daraus folgende Ausstiegsdatum aus der Kohleverstromung in Deutschland. Die Strom- und Gasbranche hatte das Volumen des Kraftwerksparks, der langfristig zur Absicherung der Energiewende nötig ist, auf 25 Gigawatt (GW) geschätzt. Die Industrie hatte mit noch höheren Zahlen hantiert. Herausgekommen ist zunächst eine Ausschreibung neuer Kapazitäten über 10 GW. Das grün geführte Wirtschaftsministerium hatte deutliche Abstriche an seinen bisherigen Plänen vorgenommen – was natürlich auch die Kosten drückt. Aus bisherigen Branchenschätzungen von 40 Mrd. Euro aufwärts bis 2030 für die notwendige Förderung wurden damit nur 16 Mrd. Euro, verteilt auf einen weit längeren Zeitraum. Zu dieser effizienten Lösung trägt auch bei, dass reine Wasserstoffkraftwerke zugunsten von deutlich günstigeren Gasblöcken gestrichen wurden, die später einmal auf Wasserstoff umgestellt werden können. Zudem wurden Pläne wieder aufgegeben, dogmatisch nur auf „grünen“ Wasserstoff zu setzen, der mit erneuerbaren Energien hergestellt wird. Auch dies hat natürlich einen positiven Preiseffekt.

Planungssicherheit für Investoren gibt die bisherige Einigung allerdings noch längst nicht. Neben Standortfragen steht insbesondere das Strommarktdesign aus. Die Ampel will sich bis zum Sommer noch auf einen Kapazitätsmechanismus einigen, der festlegt, wie die Kraftwerksbetreiber vergütet werden. Und dieser wird voraussichtlich auch noch eine intensive Beihilfeprüfung der EU-Wettbewerbshüter bestehen müssen. Wenn die Ausschreibungen der 15 bis 20 neuen Gaskraftwerke, um die es nun erst einmal geht, tatsächlich noch in diesem Jahr über die Bühne gehen soll, ist Tempo angesagt. Ob die zusätzlichen Kapazitäten ausreichen, um im Solar- und Windzeitalter langfristig die Versorgungssicherheit zu garantieren, steht auf einem anderen Blatt. Die Regierung beruft sich auf einen Monitoringbericht der Bundesnetzagentur, dem zufolge die Versorgungssicherheit bis Ende des Jahrzehnts auch ohne Atom- und Kohlestrom gewährleistet ist. Es gibt aber auch Experten, die diese Analyse als zu optimistisch infrage stellen.

Die Kraftwerksstrategie fällt günstiger aus als erwartet. Planungssicherheit für Investoren bietet sie aber keineswegs.

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