Kommentar: Commerzbank

Aktionäre wollen Plan für Zeit nach der Zinsparty

Die verhaltene Reaktion der Aktionäre auf die guten Halbjahreszahlen zeigt, was die Bank dringend liefern muss: Einen Plan, wie sie eine zweistellige Eigenkapitalrendite verdienen will.

Aktionäre wollen Plan für Zeit nach der Zinsparty

Commerzbank

Ende der
Zinsparty

Von Philipp Habdank

Die Zinswende ist für die ausgemergelten Bank-Bilanzen pures Adrenalin. Auch im zweiten Quartal hat die Commerzbank ihren Zinsüberschuss nochmal kräftig erhöht und um 44,1% auf den Rekordwert von 2,1 Mrd. Euro getrieben. In den Jahren der Nuller-Zinsen ist beinahe in Vergessenheit geraten, dass Zinsen zum operativen Geschäft einer Bank dazugehören und ein steigendes Zinsergebnis eigentlich kein Sondereffekt ist. Dennoch sollte allen klar sein, dass die wilde Zins-Party nicht ewig andauern wird.

Analysten der Ratingagentur Moody’s warnten schon bei der Vorlage der Geschäftszahlen für das Jahr 2022, dass die Zinsanstiege bereits in diesem Jahr ihren Höhepunkt erreichen könnten. Dieser Punkt könnte nun erreicht sein, denn Commerzbank-Finanzchefin Bettina Orlopp rechnet nicht damit, dass der Zinsüberschuss in den kommenden Quartalen stark steigen wird. Zwar ist nicht davon auszugehen, dass die Zinsen im Euroraum kurzfristig sinken werden. Doch der Druck, die höheren Zinsen an ihre Kunden weiterzugeben, nimmt spürbar zu. Messbar ist dieses Risiko am sogenannten Einlagen-Beta. Dieses wird der Commerzbank zufolge bis zum Jahresende in Deutschland von 20% auf 35% ansteigen. Jeder veränderte Basispunkt kann den Zinsüberschuss dabei um 45 Mill. Euro verändern. Und der Wettbewerb speziell um Privatkundeneinlagen wird immer härter. Die in diesem Bereich besonders aggressive ING berichtete am Donnerstag in Deutschland Einlagenzuwächse von 16 Mrd. Euro.

Zinsrekord der Commerzbank lässt Aktionäre kalt

Aktionäre lassen sich von den auch im zweiten Quartal erneut guten Zins-Zahlen nicht blenden. Ihre heutige Reaktion zeigt, auf was es ihnen ankommt: eine zweistellige Eigenkapitalrendite. Gerüchte, Knof könne den Turbo zünden und die Renditeziele anheben, hatten vor dem heutigen Freitag den Aktienkurs nach oben getrieben. Entsprechend hoch war der Frust, als die Bank für ihr Strategie-Update auf den 8. November verwies. Die Aktie brach morgens zunächst um über 5% ein und erholte sich im Laufe des Tages nur langsam.

Neben einem höheren Renditeziel und einem größeren Aktienrückkaufprogramm muss die Bank bei ihrem anstehenden Strategie-Update ihren Aktionären vor allem glaubhaft darlegen, wie sie auch nach der Zins-Party mehr Geld verdienen will. Konkrete Pläne der bislang nur grob skizzierten Wachstumsstrategie im Wealth Management und im Geschäft mit besonders vermögenden Kunden wären dabei sicherlich hilfreich. Denn die Zeiten des Tiefstapelns, um die Analysten dann mit durch die Zinswende beflügelten Übererträgen positiv zu überraschen, sind vorbei.

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