KOMMENTAR

Anpassungszwang

Tom Enders hat sich rasch auf die veränderte Lage eingestellt. Die Neuordnung und Umbenennung des Luftfahrtkonzerns EADS mit dem deutschen CEO an der Spitze wäre ohne den zuvor gescheiterten Zusammenschluss mit dem britischen Rüstungsgiganten BAE...

Anpassungszwang

Tom Enders hat sich rasch auf die veränderte Lage eingestellt. Die Neuordnung und Umbenennung des Luftfahrtkonzerns EADS mit dem deutschen CEO an der Spitze wäre ohne den zuvor gescheiterten Zusammenschluss mit dem britischen Rüstungsgiganten BAE Systems nicht denkbar. Sein im vorigen Herbst geplatzter Traum von einem europäischen Verteidigungsriesen machte die nun beschlossenen strukturellen Einschnitte erst möglich. EADS steht unter Anpassungszwang. Denn das Zivilgeschäft von Airbus dominiert den Konzern immer stärker, seitdem der Rüstungsbereich aufgrund der Sparzwänge vieler Nato-Staaten eine Baustelle geworden ist.Diese Dominanz wird noch zunehmen, da der Flugzeugbauer aufgrund einer steigenden Nachfrage nach Mittel- und Langstreckenflugzeugen einen guten Lauf hat. Airbus Commercial steuert heute über zwei Drittel zum Konzernumsatz und gut drei Viertel zum Ergebnis bei – Tendenz steigend. Somit ist es aus Sicht der Konzernführung logisch, dass EADS künftig nur noch unter dem Namen der wichtigsten Tochtergesellschaft firmiert.Ein seit Jahren bestehender Konflikt zwischen Franzosen und Deutschen findet damit ein Ende, war doch der Name EADS mit Gründung des Konzerns vor 13 Jahren ohnehin nur ein fauler Kompromiss zwischen den beteiligten Staaten. Schließlich stand Airbus seinerzeit für ein französisches Unternehmen, was auf deutsche Vorbehalte stieß. Der Zeitgeist und die Machtverhältnisse haben sich seitdem aber grundlegend geändert. Enders konnte sich nun durchsetzen, nachdem EADS sich im Frühjahr eine neue Corporate Governance verpasst hat. Deutschland ist zwar jetzt im exklusiven Club der staatlichen Großaktionäre vertreten und hat das gleiche Gewicht wie Frankreich, kann aber strategische Entscheidungen nicht mehr torpedieren, wie es für die staatlichen Anteilseigner noch im alten EADS-Aktionärskreis möglich war.Vor diesem Hintergrund ist der Umbau auch eine Machtdemonstration Enders’ gegenüber Berlin und Paris, deren Einfluss er im Konzern nach der BAE-Schlappe geschickt zurückdrängte. Bereits zuvor verlagerte Enders zentrale Konzernfunktionen zum Airbus-Hauptsitz nach Toulouse. Jetzt setzte er weitere Pflöcke.Die Europäer geben sich eine Struktur, die sehr stark der von Boeing ähnelt. Airbus stellt sich künftig wie der US-Rivale auf: Neben dem zivilen Flugzeugbau stehen die Airbus-Militärsparte, das Raumfahrtgeschäft (Astrium) und der Rüstungsbereich (Cassidian) unter einem Dach. Welche Synergien in welcher Höhe Letzteres genau hervorbringen soll, bleibt vorerst Enders’ Geheimnis. Die Zusammenlegung bringt zunächst nur Einsparungen in der Verwaltung. Das ist aber für Investoren zweitrangig, lassen sie sich doch bei ihren Anlageentscheidungen vor allem von der operativen Entwicklung bei Airbus leiten. Eine Airbus-Aktie spiegelt daher die Konzernrealität besser wider als ein EADS-Papier.